Mensch werden - mensch-sein.de

Die Evolution des Humanen - Globalisieren des Friedens - Welt im Gleichgewicht
Jenseits von Gewalt und Unterdrückung

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Sie verursachten, was sie zu verhüten vorgaben (1)
... die Macht des Ausgeschlossenen

 

 Die gute Absicht jeglichen Verhaltens und Handelns ist wohl kaum zu bezweifeln (2). Dass sich gute Wirkung zeigen werde aus der Handlung, entspricht damit jedem Handlungsmotiv. Dass sich aber die beabsichtigte Wirkung häufig in ihr Gegenteil verdreht, müsste alle mit guter Absicht Handelnden zur Frage verleiten: ‚Welche versteckte Dynamik verursacht diese Paradoxie?' (3) Einiges deutet darauf hin, dass Ausschluss dahinter steht. Bewusst - und ... wohl häufiger - unbewusst. Ausschluss aber bedeutet verweigerte Beziehung, ein: 'nicht in Bezug genommen sein' von Menschen, Meinungen, Sachverhalten, Ansprüchen, Einflussgrössen oder Ereignissen. Und, wie wir sehen werden ... das Ausgeschlossene wirkt! (4,5)

von Bruno Rossi

Die Christen bemühten sich, Gotteslästerung zu verhüten, wurden aber zu Verursachern der Religionskriege, der höchsten Form von Gotteslästerung. Im Rahmen von Inquisition und Hexenverfolgung wurden Hunderttausende der Verbindung mit Dämonen angeklagt, gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Töten, mit welchem Motiv auch immer, bedeutet, jemandem das Leben zu verweigern bzw. ihn oder sie vom Leben auszuschliessen. Ein Ausschluss! Die aggressivste und stärkste Form des Ausschlusses!

Die Wissenschafter machten sich auf, die ‚Dinge' in den Griff zu kriegen und wurden zu Verursachern (u.a.) der ökologischen Krise! (6) Jemandem Erkenntnisfähigkeit absprechen, welche als nicht wissenschaftlich qualifiziert ist, bedeutet, Nicht-Akzeptanz solcher Erkenntnisse. Ein Ausschluss!

Die Wirtschaftswissenschaftler basieren auf der Grundannahme, dass der Eigennutz der universelle Beweggrund allen menschlichen Handelns sei und das Gemeinwohl am wirksamsten gefördert werde, wenn alle sich von ihrem eigenen, privaten Nutzen leiten lassen. ... dass Ihr übersteigertes Vertrauen in das eigennützige Verhalten auf Märkten und in Organisationen andererseits die gesellschaftlichen Bedingungen hervorbringt, die die Indifferenz gegenüber dem Ganzen fördern, gemeinsames Handeln verhindern, den Raubbau an den global commons als normal erscheinen lassen und der unbegrenzten Kapitalexpansion Vorschub leisten, bleibt unreflektiert. (7) Also konsequenter Ausschluss des altruistischen Potenzials der Menschen! Ein wissenschaftlich begründeter Ausschluss aller humanistischen Grundannahmen!

Die exakten Naturwissenschaften und die aus ihr erwachsene Macht, lässt die Menschheit diese Wissensquellen über- und alles andere unterschätzen. Ein echter Massenwahn der heutigen Menschheit besteht in dem Irrglauben, es habe nur dasjenige reale Existenz, was sich in der Sprache der Naturwissenschaften ausdrücken und quantifizieren lässt. Damit wird die ganze Welt der Emotionen, werden menschliche Würde und Freiheit, kurzum alles, was einen wirklichen Wert darstellt, für Illusion erklärt. (8) (Die Bedeutung ist Ausschluss!)

Die Sozialisten wollen die Wirtschaftsordnung aus einer Anschauung heraus umgestalten, die gerade das herbeigeführt hat, was sie einer Umwandlung für dringend bedürftig halten. Sie bemerken nicht, dass sie, was sie nicht wollen, in einem verschärften Grade herbeiführen würden, wenn sie unter dem Einfluss von Ideen handelten, aus denen das Umzuwandelnde sich ergeben hat (9). Die Anschauung beschränkte sich auf die wirtschaftlichen -ökonomischen Aspekte und schloss in dieser Beschränkung die Aspekte sowohl des Geistes- wie des Rechtslebens aus.

Die Demokraten bemühten sich, die Gewalt des Staates zu vernichten und wurden zu Verursachern vieler autoritärer Aspekte (10). Das Trachten nach Gewalt entspricht einem Bedürfnis nach Sicherheit und Fremdbestimmung. Diese wiederum bedeutet, jemandem das Recht auf Selbstbestimmung und Autonomie absprechen bzw. streitig zu machen. Ein Ausschluss!

Die Erbauer der grossen Solidarwerke

- Vorsorge gegen Krankheit

- Vorsorge gegen Alter und Invalidität

- Vorsorge gegen Arbeitslosigkeit

bemühten sich, Solidarität zu entwickeln und wurden zu Verursachern des genauen Gegenteils: ‚Für das was ich da immer bezahle, will ich auch etwas haben!' Solidarität hat mit ‚Ausgleich von Geben und Nehmen' zu tun. Solidaritäts-Verweigerung bedeutet, jemandem Brüderlichkeit zu verweigern. Ein Ausschluss!

Die Image-Werber: ‚Dabei gehen die meisten Firmen von einer überlebten Vorstellung von Public-Relations aus. Röglin hinterfragte verbreitete PR-Ansätze wie folgt: ,Festzuhalten bleibt ..., dass Öffentlichkeitsarbeit auf Durchsetzung angelegt ist. ... Durchsetzungsstrategien, die auf das ‚Gute Image' als Zielvorstellung ihrer Öffentlichkeitsarbeit setzen, sind erfolglos, weil ein Widerspruch in sich. Gerade das Bemühen um das ‚Gute Image' mit all' seinem instrumentalen Ansatz verhindert es. Die Ziel- & Zwangsvorstellungen des ‚Guten Images' ist es, die dafür sorgt, dass Öffentlichkeitsarbeit ein denkbar schlechtes hat. ...' Durchsetzung hat mit Fremdbestimmung zu tun. Diese wiederum bedeutet, jemandem das Recht auf Autonomie, Selbst- und Mitbestimmung absprechen bzw. streitig machen, ihn davon auszuschliessen.

Die strategischen Planer: ... Trotz all der Zeit, den Anstrengungen und dem Rat der Experten stehen die meisten Unternehmen, die über Jahre hinweg so massiv in die strategische Planung investiert haben, heute nicht dort, wo sie eigentlich sein möchten, sondern sind sogar verletzlicher als noch vor 20 Jahren. Sie haben nicht nur die Ziele nicht erreicht,...' (11) Strategische Planung meldet einen Anspruch an, nämlich darüber Bescheid zu wissen, wie Entwicklungen verlaufen werden. (Wissen, was richtig ist! Das Mögliche bleibt ausgeschlossen!) Bei diesem Anspruch hat die Fähigkeit zur Selbststeuerung Selbststeuerung sozialer Systeme nichts zu suchen. Ein doppelter Ausschluss!

Die Unternehmer: ... gaben vor, durch ihr ‚Unternehmen' Sinn zu stiften für sich, die Kunden, die Mitarbeiter und die Gesellschaft. Nur, durch Bezahlung der Arbeit werden die Menschen immer wieder zum Gedanken gedrängt: ‚Ich arbeite nur, damit ich Einkommen erhalte'. Das ist aber nicht der Sinn von Arbeit! (12) Strukturen (Geld, Arbeitsorganisation, etc.) rauben der Arbeit offenbar Sinn. Der Sinn wird verweigert, zu welchem Zweck wiederum, ist nicht erheblich. Es bleibt ein Ausschluss!

Die Polizei:Zusätzliche Polizeikompetenzen wie der grosse Lauschangriff gefährden die Freiheit Unschuldiger. Ihre Effizienz ist umstritten. Dies zeigt etwa der mit Hilfe verdeckter Ermittler aufgeflogene Fall von Plutoniumschmuggel in München. Der Bundesnachrichtendienst geriet durch den begründeten Verdacht ins Zwielicht, diesen illegalen Handel durch den Einsatz von V-Leuten überhaupt erst geschaffen zu haben. Einschränkung von Freiheit bedeutet, jemandem Freiheit verweigern. Die höchste Form von Einschränkung von Grundrechten wie Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, das Recht auf Familiengründung, etc. Es wird folglich jemand von Rechten ausgeschlossen. Ein Ausschluss!

Die Bildungsbeflissenen: 'Wir sind konfrontiert mit dem Paradox, dass Bildung eines der Haupthindernisse auf dem Weg zu Intelligenz und freiem Denken geworden ist.' (Bertrand Russel im Zeit• Nr. 41 im Zusammenhang mit dem Thema: ‚ausgelernt...') Bildung, so wie sie heute verstanden wird und strukturiert ist, schränkt offenbar ein (Hindernisse verbauen den Weg). Behinderung auf dem Weg zu Intelligenz und freiem Denken heisst, ich bin von diesem Weg ausgeschlossen.

Die Globalisierer: Es ist noch nicht lange her, da wurde die Notwendigkeit für einen einheitlichen europäischen Markt damit begründet, dass nur so Arbeitsplätze und der Lebensstandard z.B. in Deutschland gesichert werden könne. Heute werden Arbeitsplatz- und Lohnabbau gerade mit den grenzenlosen Konkurrenzverhältnissen begründet. (13) Verweigerung von Arbeitsplatz und gerechtem Lohn bedeutet Ausschluss vom Recht auf Arbeit und vom Recht auf Ausgleich zwischen Geben und Nehmen. Ein Ausschluss!

Die Mitarbeiter-Befrager: ‚Die aktuelle Praxis der Mitarbeiterbefragung scheint gerade die Distanz zu signalisieren, die sie zu überwinden sucht, und bestätigt damit die Vorbehalte der Angestellten bezüglich der Erwünschtheit offener Meinungen.' (14) Den Befragten wird eine vernünftige Äusserung zu irgendwelchen Sachverhalten abgesprochen. Sie werden vom Meinungsbildungsprozess ausgeschlossen. Nicht zuletzt natürlich auch von der Einflussnahme!

Die Shareholder: McDonough (Präsident der New Yorker Federal Reserve Bank und stellvertretender Chef der amerikanischen Notenbank) führte eine Studie an, nach der die Chefs der US-Aktiengesellschaften jetzt mehr als das 400fache eines Industriearbeiters verdienen, gegenüber dem 42fachen vor 20 Jahren. Andere US-Studien zeigten, dass sich die Bezahlung der Chefs der 200 grössten US-Gesellschaften von durchschnittlich 5.8 Mio. $ im Jahr 1996 bis 2001 auf 11.7 Mio. $ verdoppelt hat. Als Ursache für den Anstieg sieht McDonough die Theorie, wonach hohe Entlöhnungen die Manager dazu bringen sollen, Aktionärswerte zu steigern. Es ist laut McDonough klar, dass diese Theorie «viele Aktionäre ärmer gemacht hat, einschliesslich der Mitarbeiter der Firmen». (15). Die unangemessene Inanspruchnahme von Gewinnen - durch diese Chefs für sich persönlich - widerspricht wiederum dem Grundsatz des Ausgleichs zwischen Geben und Nehmen. Gewinn wird AktionärInnen und ArbeitnehmerInnen (letztlich allen Anspruchsgruppen) vorenthalten. Ein Ausschluss!

Die Anbeter des zweckorientierten Hochleistungs-Prinzips ... wodurch erkenntlich wird, dass die Verehrung und Anbetung des Hochleistungs-Prinzips schliesslich zur Vernichtung des Entwicklungspotenzials auf der seelisch-geistigen Ebene führt und damit > einer gesamten Volkswirtschaft die soziale Erneuerungs- und Gestaltungskraft entzieht > das exakte Gegenteil dessen bewirkt, nach dem dieses Prinzip eigentlich strebt, nämlich Entwicklung - zur Mehrung und Sicherung des Wohlergehens aller. Das führt uns zurück zum Titel über den Gedanken: Sie verursachten, was sie zu verhüten vorgaben!

Könnte es sein, dass die Wirkung dieses Paradoxons umso kraftvoller und perfekter wird, je intensiver und ausschliesslicher wir dem Äusseren (dem Materiellen, dem Logischen und Rationalen) huldigen und dabei das Innere (das Gefühl, die Beziehungen, das Relationale) vernachlässigen, eben ausschliessen? (16) Und dieser Ausschluss fast System hat: Je weniger die vom turbo-kapitalistischen Wirtschaftssystem gedrängten und getriebenen Menschen Gelegenheit finden, sich ihren Gefühlen zuzuwenden, diese wahr zu nehmen - ihnen schliesslich zu trauen und ... zu ihnen zu stehen - damit zu sich selbst zu kommen, desto sicherer dieser Mechanismus funktioniert? Umso weniger er hinterfragt wird? Sichert so dieses System sein Bestehen? Nur weil das was ist, mehr Sicherheit vermittelt, als das was sein könnte? Aber das, was sein könnte, niemand erfinden kann, weil wir ja erstens keine Zeit und zweitens auch nicht (mehr) über das Wahrnehmungsvermögen verfügen, welches uns hier leiten sollte? Inzwischen hat sich die Drehzahl dieses Karussells erhöht. Dies wird deutlich an der Aussage: ‚Diese Schiffe bedrohen schon im Frieden, was sie im Krieg verteidigen wollen!' (17) Müsste unser Titel also nicht heissen: Wir verursachen, was wir zu verhüten vorgeben? Gehörte also diese Dynamik nicht nur einfach in die Vergangenheit? Dass sie sich also nicht einfach so ergibt‚ im Laufe der Zeit', eventuell sogar ohne unser dazu tun? Dass das Paradoxon in unserem Handeln sozusagen eingebaut ist und in unserem Alltag und unserer eigenen Verantwortung stattfindet? Und ... wenn Handeln auf unserer Wahrnehmung basiert, wie bedeutungsvoll wäre die folgende Erkenntnis? ‚Zu jedem schöpferischen Akt ... gehört eine neue Unschuld der Wahrnehmung, die frei ist von der Flut anerkannter Überzeugungen' (Arthur Köstler)

2 Thesen

• Solange wir Ausschlüsse wahrnehmen als Handlungen irgendwelcher Machthungriger oder Geldgieriger oder sonstiger krankhaft Veranlagter, werden wir kaum aufmerksam werden auf den Schlüssel, welcher bereitliegt. Er versteckt sich hinter der Aussage: ‚Erst wenn die Würde aller in den Blick gelangt, wird Beziehung gelingen(18) (Grundhaltung: Versöhnung!)

• Ausschluss ist eine Beziehungsfrage und ... Ausgeschlossene wurden ihrer Würde beraubt! Ihrer Würde Beraubte sind in der Lage, ein riesiges Energie-Potential frei zu machen. Das Ausgeschlossene erzeugt häufig stark disfunktionale Wirkung (19).

Der Ausschluss hat System und erzeugt eine selbstverstärkende Dynamik

Das Ausgeschlossene wirkt! Je perfekter wir es verdrängen - damit doppelt ausschliessen - umso stetiger nimmt seine (destruktive!) Macht zu und ... lässt Beziehung nicht gelingen. Spätestens bei Descartes ‚ich denke - also bin ich' (1596- 1650) führt die Betonung des Rationalen (der Sache) zu einem Ausschluss des Emotionalen / Relationalen (der Beziehung) und bildet ein Wahrnehmen und damit ein Bewusstsein - schlussendlich ein Handeln - welches diesen Ausschluss immer wieder reproduziert, damit verstärkt und verfestigt. Was in unserer Welt passiert, ist - im Hintergrund und kaum so wahrgenommen - geprägt von dieser Ausschlussdynamik.(20) Der Ausschluss trägt die unterschiedlichsten Gesichter. Erst wenn er öffentlich und penetrant aufgezeigt wird, kann er aus der Ausgeschlossenheit der öffentlichen Wahrnehmung befreit werden:

Ausschluss aus der Zugehörigkeit zu Arbeitskontexten

• ‚Mobbing durchschauen' ein Lern- & Erfahrungsbericht (2.11.01, Bruno Rossi)

• Mobbing und andere psychosoziale Spannungen am Arbeitsplatz in der Schweiz (Oktober 2002) Mobbing- Studie

• ‚Ausschluss von gesunden Arbeitsbedingungen' siehe Brückenbauer 12.11.02

Ausschluss von Minderheiten

• Asylbewerber Asylinitiative ‚Gegen Asylmissbrauch' SVP Nov. 2002-11-16

• Ausschluss der Alten Bruno S. Frey in der NZZ am Sonntag 3.11.02

Ausschluss der Kinder von ihrem Recht auf ihre Integrität (Tag des Kindes, Nov. 2002)

• Siehe Thema Kinderpornographie Herbst 2002. Kürzlich medialer Renner - zum Zweck der Auflagenziele ‚vergewaltigt' - inzwischen auf dem besten Weg, in der öffentlichen Verdrängung (dem Ausschluss) zu versinken.

• Siehe Artikel im Brückenbauer 19.11.02 ‚Doch in der Schweiz steht es mit den Rechten der Kinder ebenfalls nicht zum Besten.... die Selbstmordrate bei Kindern und Jugendlichen hier zu Lande ist eine der höchsten der Welt!'

Ausschluss vom Ertrag durch Abzokkerei / Bilanzfälschung / Betrug /

Ausschluss vom ‚Recht auf Arbeit' - Arbeitslosigkeit (Verweigerung der Zugehörigkeit) zum Zweck der Rationalität und zu Lasten der anonymen Stakeholder

Ausschluss durch Verweigerung von Nahrung - 800 Mio. Hungernde (Welthungertag UNESCO Herbst 2002)

Ausschluss der individuellen Autonomie

• durch das traditionelle HRM bei den Lernenden (siehe BrunoStaffelbach im Schweizerischen Arbeitgeber v. 24.10.02)

• durch die Tatsache, dass sich die Regelung von Beziehung - sowohl die zwischenmenschliche (Ebene Individuum wie auch institutionelle Ebene) wie auch die Beziehung zwischen Menschen, Dingen oder Ereignissen - immer mehr verschiebt auf die strukturelle Einflussnahme. Sie erfolgt über Gesetze, Vorschriften, zwischenstaatliche Abkommen und Vereinbarungen zwischen wirtschaftlich/politischen Bündnissen. Die Instanzen - zum grossen Teil anonym - liegen ausserhalb des Individuums und Fehlverhalten wird i.d.R. negativ sanktioniert. Die individuelle innere, normative und intellektuelle Instanz der Menschen wird damit zurückgedrängt, nach aussen verlagert und schliesslich weitgehend ausgeschlossen. Was nicht gefordert wird, verkümmert! Eigenverantwortung, Selbstverpflichtung, Solidarität und damit die Gemeinschaftsfähigkeit werden ‚unnötig' in diesem Fremdbestimmungsmodell. Eine Unterstützung des Lebensmottos: ‚Ich bin mir selbst der Liebste!'

• Dazu kommt die selbstverstärkende Wirkung: Je mehr Gesetzte und Vorschriften, desto weniger Eigenverantwortung und Solidarität. Logische Folge: Neue Gesetze und Vorschriften. Ein Teufelskreis - sein Motto: ‚Sie verursachen, was sie zu verhüten vorgeben.'

• Last, but not least ein weiterer Aspekt: Gesetze, Rahmenbedingungen, Vorschriften sind Strukturen, welche ausschliesslich und prinzipiell wiederum der Ausschlussdynamik verpflichtet sind. Ausgeschlossen wird die andere Möglichkeit, damit die Vielfalt an Handlungsoptionen, schlussendlich die Kreativität. Es soll hiermit keinesfalls der Unverbindlichkeit das Wort geredet werden. Verlässliche Ordnung ist in Beziehungen - im Verbund mit Bindung und Ausgleich von Geben und Nehmen - eine der wichtigsten Einflussgrössen. Die Frage stellt sich, auf welche Art und Weise sie zustande kommt.

Der Ausschluss dessen, was uns holotropische Bewusstheitzustände vermitteln könnten - siehe: Stan Grof ‚Die menschliche Natur und die Beschaffenheit der Realität' Vortrag anlässlich der Basler Psychotherapietage 1999 Wahnsinn und Normalität.

Verdrängung als Ausschluss - Zwischen Nutzen und Verhängnis. Für die Trendsensitive Li Edelkoort ist es klar, dass die westliche Welt einen tief greifenden Wandel zulassen muss: ‚Die Mehrheit der Leute will nicht wahrhaben, wie gross die Probleme in der Welt wirklich sind. Man sucht Ablenkung in Unterhaltung und Freizeit' NZZ am Sonntag vom 13.10.02 „Die Edelkost im Trendgeschäft".

Ausschluss Kubas durch die USA vom Handel mit anderen Ländern. Artikel in der ®evolution Nr. 12 Oktober 2002.

Ausschluss der KaffeeproduzentInnen in 45 Kaffee-Anbauländern durch die fünf grossen Kaffeekonzerne (Kraft, Sara Lee, Procter & Gamble, Nestlé, und Tchibo) welche annähernd die Hälfte der weltweiten Kaffee-Ernte aufkaufen. Artikel in der ®evolution Nr. 12 Oktober 2002.

Ausschluss von Randregionen vom Service Publique

• z. B. Poststellennetz (siehe Vorstellungen der Postdirektion im Herbst 2002).

• Wenig bewusste Nebenwirkung: Entvölkerung der Randregionen - Zuzug in den Agglomerationen.

Tabuisierung als Ausschluss

• Selbsttötung z.B., eine der häufigsten Todesursachen von

Jugendlichen. (Beobachter 24/02) Die Sorgen werden verschwiegen, werden nicht gehört / wahr- oder ernstgenommen (Ausschluss im Einzelfall) und das ganze Thema wird tabuisiert und ausgeschlossen, von der Gesellschaft insgesamt.

• Mobbing - selbst eine auf Ausschluss gerichtete Dynamik - wird wohl intellektuell abgehandelt - sobald aber konkrete Auseinandersetzung in den Betrieben und Unternehmungen erfolgen soll, unterliegt dieses Thema der Verdrängung, wird ausgeschlossen. Verstärkt natürlich durch die Gesetzgebung, denn: Was nicht sein darf...

Ausschluss vom Recht auf Bildung - Über 100 Millionen Kinder - davon 60 % Mädchen - werden vom Recht auf Bildung ausgeschlossen. Caritas Zeitung 6 / 2002.

Ausschluss von Leistungen in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung

• Das Leben besteht aus einem intensiven Austausch von Leistungen, Diensten und Produkten. Einige dieser Leistungen sind nur gegen Geld erhältlich. Es ist das, was gemeinhin als wirtschaftliche Leistung bezeichnet wird. Vom sogenannten wirtschaftlichen Wert und wirtschaftlicher Bedeutung ausgeschlossen - damit massiv abgewertet - sind aber sehr viele Leistungen, welche als Vor- oder Begleit- oder Nachleistung für Wirtschaftsprozesse eigentliche Voraussetzung bilden, da Wirtschaft sonst nämlich gar nicht möglich wäre. (Beispiel: Kindererziehung, Altenbetreuung, etc.).

• Nicht zuletzt sind Leistungen für die Nachhaltige Entwicklung zur Sicherung unserer bzw. der Zukunft unserer Nachkommen dieser Ausschlussdynamik unterworfen.

Ausschluss der länger- und langfristigen Aspekte von Finanzierungsentscheiden - Finanzierungsentscheide unterstehen oft dem Dilemma, dass Einnahmen- und Ausgabenströme asynchron verlaufen. Zusätzlich hat sich die Verweildauer von Entscheidungsträgern drastisch verkürzt. Beides trägt dazu bei, dass länger- und langfristige Entscheidungskriterien den kurzfristigen Überlegungen weichen müssen. Die Folgen: Das Unternehmen wird entweder ausgehungert oder zu Tode rationalisiert. Die Langfrist- Investitionen haben keine Chancen, am wenigsten jene, die der Nachhaltigkeit dienen.(21).

Ausschluss von entgegengesetzten Meinungen (Der Querdenker)‚... lassen Sie in diesem Sinne die Entwicklung des Wir-Gefühls stets zu einem zentralen Bestandteil Ihrer Arbeit mit der Wunderfrage werden! Die Versöhnung und Integration abgelehnter Standpunkte in der Tetralemma-Arbeit ist ein weiterer Zugang zur Entwicklung eines synergiefördernden visionären Wir-Gefühls. Querdenker wissen um die Bedeutung des folgenden Prinzips: Fassen wir entgegengesetzte Meinungen als Aufforderung zur Integration vernachlässigter Standpunkte auf, so fördern Gegensätze das Wir-Gefühl (22)

Ausschluss von Humankapital - Die anhaltende Tendenz zu Frühpensionierungen und zur Abwertung der älteren Generationen von Arbeitenden entspricht einem Ausschluss. Einerseits werden Menschen vom Arbeitsprozess ausgeschlossen, andererseits werden Fähigkeiten und Potentiale ausgeschlossen, welche sich erst in der 2. Lebenshälfte in ihrer Wirkung entfalten. Die Gesellschaft wird auf diese langfristig kaum verzichten können.

Die Anmassung des totalen Ausschlusses durch die heutige (westliche) Optionsgesellschaft - Werte, Traditionen, Rituale - kurz das Überlieferte - steht heute zur freien Disposition und ist dem Ausschluss preisgegeben. Die Anmassung besteht darin, dass diese Optionsgesellschaft die Verantwortung für ihr Handeln an die Strukturen delegiert, und damit ausgeschlossen hat. Damit ist diese Gesellschaft die Verantwortung los. Verantwortungslos in den ökologischen, den sozialen und den ökonomischen Zusammenhängen! ... Die Zahl der angeführten Beispiele (der Nachweis über Vollständigkeit kann nicht erbracht werden!) gibt in jedem Fall Anlass zu Projektionen über die Schuldigen - sollte aber einen Ausschluss vermeiden, den der Besorgnis darüber, wohin diese Reise führt. Wir alle sind in der Lage, über die beschriebene Ausschlussdynamik Bescheid zu wissen. Irgendwann werden wir uns der Frage stellen müssen - genau wie die Sekretärin Hitlers - warum habe ich nichts gewusst? ‚Es' nicht wissen wollen? (Ausgeschlossen!?) Obwohl ich es hätte wissen können, sogar müssen? Eine schwierige Frage. Doppelt schwierig, wenn sie uns von dritter Seite gestellt wird, z.B. von unseren Kindern, Enkeln oder Urenkeln.

Viktor E. Frankl bietet eine Erklärung: ‚... daß die Furcht verwirklicht, was sie fürchtet. Mit einem Wort: Ist der Wunsch der sprichwörtliche Vater des Gedankens, so die Furcht die Mutter des Geschehens, nämlich des Krankheitsgeschehens. Nicht anders jedoch als die Furcht verwirklicht, wovor sie sich fürchtet, verunmöglicht der forcierte Wunsch, was er intendiert.' So findet das Paradox: 'Sie verursachten, was sie zu verhüten vorgaben' seine paradoxe Begründung.

Nachtrag

Ich habe heute folgenden Satz gelesen: ‚ ... Die Ahnenwesen waren wie ihre Nachkommen, die Aborigines, gleichzeitig ‚gut' und ‚böse'. Viele Mythen der Aborigines schildern Konfliktsituationen und erklären, indem sie Konflikte auslösende Kräfte, wie Betrug, Gewalt, und Gier und deren Folgen beschreiben, einerseits die Ursachen und andererseits, dass die Vermeidung potenziell bedrohlicher Bereiche einer Anstrengung bedarf. Die Schöpfungsgeschichten beurteilen jedoch selten moralisierend, ob ein Ahne nun richtig oder falsch gehandelt hat - die Ahnen sitzen nicht zu Gericht oder versprechen Erlösung im Himmel. Häufig wird der Zuhörer eingeladen, sich sein eigenes Urteil zu bilden, ob bestimmte Konsequenzen gerechtfertigt sind oder nicht, obgleich die Konsequenzen selbst selten in Frage gestellt werden. Das Vermächtnis der Mythen legt eher Betonung auf die persönliche und kollektive Verantwortlichkeit. (23) ... und mir folgende Frage gestellt: ‚Rührt unsere Angst vor dem Bösen - in uns und den anderen - aus unserm Bild des unfehlbaren Gottes?'

Anmerkungen:

1) oder:... manche Heilungsformen sind die Krankheit, deren Kur sie zu sein vorgeben

2) ‚Every behavior (internal or external) has a positiv intention' (NLP-Postulat)

3) Dass sie nicht drängender und öffentlicher gestellt wird entspricht wiederum der Ausschlussdynamik.

4) Um diese Aussage in ein Bild zu bringen: Stellen Sie sich ein Mobile vor, vielleicht nicht gerade das Einfachste. Nehmen Sie nun - in Gedanken - eine Schere und schneiden Sie irgendeines der Elemente weg. Was ‚sehen' Sie? Je nach Bedeutung des nun fehlenden Elementes wird sichtbar, welche Kraft und Ästhetik von Vollständigkeit und Balance ausgehen und was durch Ausschluss verloren geht.

5) ‚Was die Menscheit im gegenwärtigen Augenblick zu tun im Begriffe ist, ist so wahnsinnig, dass man an den alten lateinischen Spruch gemahnt wird: »quem deus vult perdere, prius dementar« (Welche Gott verderben will, macht er zuvor wahnsinnig) ... '... dass das Erkennen der Ursachen unter Umständen der erste Schritt zu ihrer Heilung ist. Die Ursachen, die unsere heutige Menschheit mit dem Untergang bedrohen, tragen ganz offensichtlich den Charakter eines Massenwahns, einer Neurose. ...' (Konrad Lorenz im Vorwort

zu 'Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn' von Viktor E. Frankl im Mai 79)

6) Der zeitgenössische Philosph Hans Jonas spricht es deutlich aus: 'der Fortschritt von Technik und Wissenschaft schafft in seiner Schrankenlosigkeit selber das Unheil, das er abzuwenden vorgibt'. siehe auch: ‚Ein verkürztes Bild des Menschen' von Ed. Buess, eremitierter a.o. Professor f. praktische Theologie im BaZ-Forumsartikel vom 23.7.98

7) Prof. Dr. Gerhard Scherhorn im Symposiumspapier ‚Wie kann geschehen, was geschehen muss?' (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie) Juli 2003

8) Konrad Lorenz (siehe 3)

9) Rud. Steiner in ‚Der Grundirrtum im sozialen Denken' aus der Zeitschrift ‚Dreigliederung des sozialen Organismus' I/18

10) ‚... so zehrte sich die Demokratie selbst auf durch ihr Trachten nach der Gewalt des Staates, deren Vernichtung durch ihre Verteilung doch gerade der Zweck der Demokratie ist.' (Pierre Joseph Proudhon)

11)... (R.H. Hayes, Philip-Caldwell-Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Harvard Business School in: ‚Strategische Planung in einer instabilen Welt' NZZ Nr 171 vom 26./27.7.97)

12) ‚... und mit zunehmendem Turbokapitalismus verliert die Arbeit vollends ihren Sinn, durch ihre Aufteilung in ihre verschiedenen Bruchstücke!' Herrmannstorfer, U.: ‚Solidarität zwischen Freiheit und Zwang' (Sogenannte Sinnentleerung)

13) Herrmannstorfer, U.: ‚Schein-Marktwirtschaft' (1977)

14) Prof. Dr. Werner Müller, Uni BS, BaZ vom 27.11.00)

15) ‚Exzesse in der Chefetage' im Tagblatt vom 16.9.02

16) Für die Trendsensitive Li Edelkoort ist es klar, dass die westliche Welt einen tief greifenden Wandel zulassen muss: ‚Die Mehrheit der Leute will nicht wahrhaben, wie gross die Probleme in der Welt wirklich sind. Man sucht Ablenkung in Unterhaltung und Freizeit' NZZ am Sonntag vom 13.10.02 „Die Edelkost im Trendgeschäft"

17) WeWo vom 24.8.00, Bruno Kaufmann: ‚Die stählernen Zigarren'

18) Eva Madelung im Buch ‚Verkörperungen'; Systemische Aufstellung, Körperarbeit und Ritual; Carl-Auer-Systeme Verlag (2002)

19) siehe: ‚Mobbing durchschauen - ein Lern- & Erfahrungsbericht' Bruno Rossi vom 2.11.01 (www.quick-times.ch)

20) Eine unsystematische Sammlung von Beispielen, so - wie sie mir in den letzten Wochen begegnet sind. Ihre Reihenfolge ist entsprechend unerheblich betreffend ihres inhaltlichen Gewichtes. Aufzählungen von Missständen, vor allem jene, die anklagen und nicht enden wollen, laufen Gefahr, nicht die notwendige Aufmerksamkeit zu finden. Trotzdem scheint es in diesem Falle sinnvoll und notwendig, die Ausschlussdynamik in ihrer ganzen Bandbreite anzudeuten..

21) Bruno Staffelbach im Persorama 04 / 2002/03

22) M. Varga von Kibéd in ‚Ganz im Gegenteil...' Querdenken als Quelle der Veränderung

23) Das Vermächtnis der Traumzeit - Leben, Mythen und Traditionen der Aborigines - Anna Voigt, Nevill Drury; Delphi 1998

Über den Autor:

Bruno Rossi, 1939, Entwicklungs- & Prozessberater

Eine Berufslehre als Mechaniker und eine Ausbildung zum Betriebsfachmann bildeten die Grundlage für meinen beruflichen Werdegang. Arbeitsstudien bei Philips in der Halbleiterfabrikation. Leitung dieser Abteilung. Abteilungsleiter materials-management und Mitglied der Geschäftsleitung in der Faselec AG. Organisationsberater, Projektleiter, Organisationsentwickler in der Ciba-Geigy AG. Daselbst verantwortlich für die Ausbildung der ProjektleiterInnen. Prozessberater des ‚Service-Leader- Projektes' in der SKA. Seit 1994 selbständige Beratungstätigkeit. Als Mechaniker lernte ich den Umgang mit dem physikalischen Gleichgewicht und der Bewegung der Körper unter dem Einfluss äusserer Kräfte oder Wechselwirkungen. Vom Mechaniker bin ich also über TZI / OE-Curriculum / NLP Master-Practitioner und systemische Aufstellungsarbeit zum Dynamiker mutiert. Da stehen die auf Veränderung und Entwicklung gerichteten inneren Triebkräfte von Systemen in der Wahrnehmung. Die selbst erneuernden, so genannten autopoietischen Energien verlangen danach, in Entwicklungsprozessen integriert und nicht ausgeschlossen zu werden. Entwicklung betrachte ich als qualitatives Wachstum zum Vollständigen / Ganzen. Hierzu lasse ich mich leiten von Albert Einsteins Zitat: ‚Die Probleme die es in dieser Welt gibt, sind nicht mit derselben Denkweise zu lösen, die sie erzeugt hat.' Die Art und Weise zu Denken verlangt nach Integration der Gefühle. ‚Ich denke - also bin ich' kann nicht mehr länger genügen. Die damit im Zusammenhang stehenden Ausschlüsse verhindern Entwicklung. Im Besonderen dann, wenn die Entwicklung nachhaltig sein soll. Handeln ist das Resultat von Denken und Fühlen, einer möglichst ganzheitlichen Wahrnehmung also. Hierzu Arthur Koestler: ‚Zu jedem schöpferischen Akt ... gehört eine neue Unschuld der Wahrnehmung, die frei ist von der Flut anerkannter Überzeugungen.'

Anschrift:

Bruno Rossi, c/o FAIRENT AG Entwicklungs- & Prozessberatung: Fair entwickeln mit dem Ziel Nachhaltigkeit

Chienberggreben 25, CH-4460 Gelterkinden - E-Mail: BrunoRossi@fairent.ch http://fairent.ch

 

Emanzipation ad Humanum und mensch-sein.de
EMANZIPATION HUMANUM


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