Der
Krieg auf dem Balkan und seine
Hintergründe
nachträglich
anerkannte Wahrheiten und sonstige Manipulationen unserer
machtkranken Politiker
-
Globale Hintergründe und Fragen zum Jugoslawienkrieg
-
Britischer
Dokumentarfilm belegt:
USA
arbeiteten mit UCK zusammen, um Krieg gegen Serbien zu
provozieren,Sunday Times behauptet auch Verwicklung
der CIA, von Chris Marsden, 22. März 2000, aus
dem Englischen (16. März 2000)
Am
Sonntag, den 12. März, zeigte der britische TV-Sender
BBC2 einen Dokumentarfilm von Alan Little. Der Film
heißt: "Moralische Kriegsführung: Die NATO im
Krieg" ("Moral Combat: NATO At War"). Er enthält
erdrückende Beweise, dass die Clinton-Regierung sich
einen Vorwand zum Krieg gegen das serbische Regime von
Milosevic schuf, indem sie die separatistische
Kosovo-Befreiungsarmee UCK unterstützte, und dass sie
dann ihre Entscheidung gegen die europäischen
Verbündeten durchsetzte. Die Enthüllungen wurden
von einem zeitgleichen Artikel in der Zeitung Sunday Times
ergänzt.
Little
führte Interviews mit Personen durch, die im
Kosovo-Krieg eine Rolle gespielt hatten; diese
äußerten sich ganz unverblümt. Am
interessantesten waren die Gespräche mit
US-Außenministerin Madeleine Albright, dem
stellvertretenden US-Außenminister James Rubin,
US-Vermittler Richard Holbrooke, William Walker, dem Leiter
der UNO-Überwachungsmission, und UCK-Führer Hashim
Thaci. Sie wurden durch weitere Interviews ergänzt.
Die
Dokumentation zeigte auf, wie die "Feindschaft gegen
Milosevic aus einer suspekten Guerilla-Truppe
Verbündete der mächtigsten Nationen der Erde
machte".
Seit
der Zeit des Krieges in Bosnien 1995 versuchte die UCK, die
weitverbreitete Feindschaft der Kosovo-Albaner gegen das
Belgrader Regime auszunutzen. Sie verfolgte die Strategie,
die serbische Provinz Kosovo durch terroristische Akte zu
destabilisieren, und hoffte, dass die USA und die NATO
schließlich eingreifen würden. Sie überfiel
serbische Patrouillen und tötete Polizisten.
UCK-Führer
Thaci erläuterte dazu: "Jede unserer bewaffneten
Aktionen wurde mit Vergeltung gegen Zivilisten beantwortet.
Uns war klar, dass wir viele Zivilisten in Gefahr brachten."
Die Früchte dieser Strategie erklärte Dug Gorani,
ein nicht zur UCK gehörender Verhandlungsführer
der Kosovo-Albaner: "Je mehr Zivilisten getötet wurden,
desto größer wurde die Chance auf eine
internationale Intervention. Die UCK begriff das
natürlich auch. Ein ausländischer Diplomat sagte
mir einmal: ,Schau mal, solange ihr nicht mindestens
fünftausend Tote zu bieten habt, werdet ihr niemals
irgendwelche ausländischen Mächte im Kosovo
stationiert bekommen."
Albright
gefiel die Strategie der UCK, weil die USA unbedingt einen
militärischen Konflikt mit Serbien wollten. Ihre
Interviews begannen mit den Worten: "Ich glaubte an die
Größe und Güte der Macht, der Macht der
Verbündeten unter Führung der Vereinigten
Staaten." Die Provokationen der UCK wurden zum Mittel, mit
dem der Einsatz dieser Macht gerechtfertigt werden konnte.
Der
Angriff der serbischen Armee vom 5. März 1998 in Prekaz
auf das Haus von Adem Jashari, einem führenden
Kommandanten der UCK, bei dem 53 Menschen starben, wurde
Anlass eines Treffens der NATO-Kontaktgruppe vier Tage
danach. Albright drängte auf eine harte anti-serbische
Reaktion. "Ich hielt mich für verpflichtet, meinen
Kollegen zu sagen, dass wir nicht die Fehler von Bosnien
wiederholen dürften, wo es viel Gerede und keine Taten
gegeben hatte", meinte sie gegenüber Little.
Die
NATO drohte Belgrad zum ersten Mal mit einer
militärischen Reaktion. "Die Interessen der UCK und der
NATO-Verbündeten fielen zusammen", kommentierte Little.
Dann zeigte er, wie ein weiteres Treffen zwischen
US-Vermittler Richard Holbrooke und UCK-Mitgliedern in Junik
Belgrad verärgerte und die albanischen Separatisten
ermunterte. General Nebojsa Pavkovic, der Kommandeur der
jugoslawischen Armee im Kosovo, erklärte: "Wenn der
offizielle Vertreter eines anderen Landes hierher kommt,
Regierungsbeamte einfach ignoriert und statt dessen ein
Treffen mit den albanischen Terroristen abhält, dann
ist es ziemlich klar, dass diese Unterstützung
bekommen."
Lirak
Cejal, ein UCK-Kämpfer, ging noch weiter: "Von diesem
Zeitpunkt an wusste ich, dass die USA, die NATO, die Hand
über uns halten würden. Sie suchten den Kopf der
UCK, und als sie ihn fanden, wollten sie die UCK an die Hand
nehmen und kontrollieren."
Im
Oktober 1998 hatte die NATO ein Waffenstillstandsabkommen
durchgesetzt, teilweise durch Drohungen und teilweise, weil
Serbien gegen die UCK Erfolge erzielt hatte. Eine
Überwachungsmission unter dem Schirm der OSZE und der
Führung von William Walker wurde in die Provinz
geschickt.
Littles
Dokumentarfilm weist nur in dem Interview mit Cejal auf die
Kontrolle der UCK durch die USA hin, und da auch nur in
einer Anekdote. Es scheint, dass sich die BBC in dieser
Frage etwas zurückhielt, da am Tag der Ausstrahlung von
Littles Dokumentarfilm ja auch der Artikel in der Sunday
Times erschien.
Die
Times -Journalisten Tom Walker und Aidan Laverty schrieben
dort: "Zahlreiche Amerikaner, die direkt in
CIA-Aktivitäten verwickelt oder daran beteiligt waren,
haben mit den Autoren von ,Moral Combat' gesprochen, einer
Dokumentation, die heute Abend auf BBC2 ausgestrahlt wird.
Sie sprachen auch mit der Sunday Times über ihre
geheimen Operationen der ,verdeckten Unterstützung
für die UCK', die der NATO-Bombardierung des Kosovo
vorausgingen."
Die
Sunday Times erklärte, dass die anonymen Quellen
"zugaben, die Kosovo-Befreiungsarmee mit ausgebildet zu
haben". Sie fügte hinzu, dass die CIA-Offiziere "1998
und 1999 den Waffenstillstand überwachten, Beziehungen
mit der UCK anknüpften, ihr amerikanische
Ausbildungspläne gaben und sie militärisch
berieten, wie man die jugoslawische Armee und serbische
Polizei am besten bekämpfe."
Die
Times fuhr fort: "Vor einem Jahr, als sich die Organisation
für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die
die Überwachung koordinierte, eine Woche vor Beginn der
Luftschläge aus dem Kosovo zurückzog, wurden viele
ihrer Satellitenverbindungen und globalen
Positionierungssysteme insgeheim an die UCK übergeben,
um sicherzustellen, dass die Kommandeure mit der NATO und
Washington in Verbindung bleiben konnten. Einige
UCK-Führer kannten die Handynummer von General Wesley
Clark, dem NATO-Kommandanten."
Der
Artikel zitiert im folgenden ungenannte "europäische
Diplomaten, die damals für die OSZE arbeiteten", die
"behaupteten, sie sei von einer amerikanischen Politik
verraten worden, die Luftschläge unausweichlich
machte." Sie zitierten einen europäischen Gesandten,
der den OSZE-Verhandlungsleiter Walker beschuldigte, er
leite eine CIA-Operation: "Die amerikanische Delegation war
mit ihren diplomatischen Beobachtern, auch bekannt als CIA,
bestückt, die mit vollkommen unterschiedlichen Vorgaben
arbeiteten als der Rest aus Europa und der OSZE."
Walker
war als amerikanischer Botschafter in El Salvador gewesen,
als die USA die Unterdrückung der dortigen linken
Rebellen ermöglichten, und er wird im allgemeinen als
CIA-Mann betrachtet. Er bestreitet dies, aber gegenüber
der Sunday Times räumte er ein, es sei fast sicher,
dass die CIA in die unmittelbaren Vorbereitungen der
Luftschläge verwickelt gewesen sei:
"Über
Nacht hatten wir hier statt einer Handvoll Menschen
plötzlich 130 Personen oder mehr. Konnte es die CIA
sein, die sie zu diesem Zeitpunkt hergeschickt hatte?
Sicherlich konnte das sein, das ist ja ihre Aufgabe."
Die
Zeitung zitiert die relativ offenen Kommentare ihrer
CIA-Quellen: "Das war eine CIA-Front; sie sammelte
Informationen über die Bewaffnung und Führung der
UCK", sagte einer. "Ich sagte ihnen, welchen Hügel sie
vermeiden, welchen Wald sie umgehen sollten, und solche
Sachen", sagte ein anderer.
Um
diese Behauptungen abzurunden, bemerkte die Sunday Times,
dass Shaban Shala, ein UCK-Kommandant, der heute in der
Kampagne zur Destabilisierung albanischer Gebiete in Serbien
aktiv ist, ausgesagt habe, er habe 1996 in Nordalbanien
britische, amerikanische und Schweizer Agenten getroffen.
Littles
BBC-Dokumentation war etwas zurückhaltender mit der
Behauptung, dass die CIA die UCK unterstützt habe, aber
sie veranschaulicht, wie die Gelegenheit des
Waffenstillstands ergriffen wurde, um den Separatisten die
Kontrolle über das Kosovo zu ermöglichen. Little
erklärte, überall dort, wo die Serben ihre
Kräfte in Übereinstimmung mit dem Abkommen
zurückzogen, sei die UCK nachgerückt. Der
militärische Führer der UCK, Agim Ceku, sagte:
"Der Waffenstillstand war für uns sehr nützlich,
er half dabei, uns zu organisieren, uns zu konsolidieren und
zu wachsen." Trotz serbischer Proteste wurde nichts
unternommen, um dies zu verhindern.
Little
zufolge liegt der BBC ein vertrauliches Protokoll des
Nordatlantikrates (NAC), dem leitenden Gremium der NATO vor,
worin es heiße, die UCK sei "Hauptinitiator der
Gewalt", und Walker nenne seine Aktionen im privaten Kreis
eine "absichtlich provokative Kampagne". Diese verdeckte
Unterstützung der UCK durch die USA hat Serbien
provoziert, den Waffenstillstand zu beenden und die Armee
zurück in das Kosovo zu schicken.
Der
nächste große Wendepunkt der Ereignisse, die auf
den NATO-Krieg gegen Serbien zusteuerten, war das angebliche
Massaker an Albanern in Racak am 15. Januar 1999. Bis heute
wird die Frage, ob serbische Soldaten in Racak Zivilisten in
einem Racheakt ermordet hätten, von Belgrad entschieden
bestritten. Belgrad behauptet, die UCK habe das angebliche
Massaker gestellt und Leichen aus früheren Kämpfen
dafür benutzt.
Internationale
Beobachter, die in das Dorf kamen, nachdem serbische Truppen
den Tod von 15 UCK-Kämpfern bekannt gegeben hatten und
sich zurückzogen, hatten nichts Ungewohntes zu
berichten gehabt. Erst am nächsten Morgen, nachdem die
UCK die Kontrolle über das Dorf zurückerobert
hatte, besuchte Walker es und gab bekannt, dass serbische
Polizisten und jugoslawische Soldaten ein Massaker
verübt hätten. Little bestätigt, dass Walker
mit Holbrooke und General Clarke Kontakt aufgenommen hatte,
ehe er diese Meldung in die Öffentlichkeit brachte.
Racak
sollte der letzte Vorwand für eine Kriegserklärung
werden. Aber erst musste Washington noch sicherstellen, dass
die europäischen Mächte, die außer
Großbritannien immer noch auf eine diplomatische
Lösung drängten, mit von der Partie sein
würden. Die Verhandlung in Rambouillet, Frankreich,
fanden im Schatten eines drohenden Krieges statt.
Little
erklärt: "Die Europäer, von denen sich einige nur
widerwillig zur Androhung von Gewalt bekehren ließen,
machten ernsthaft Druck für eine Lösung, die
sowohl Serben als Albaner hätten akzeptieren
können. Aber die Amerikaner waren skeptisch. Sie waren
in anderer Absicht nach Rambouillet gekommen."
Sowohl
Albright als auch Rubin waren außergewöhnlich
offen über die Ziele, die sie in Rambouillet erreichen
wollten. Sie präsentierten ein Ultimatum, das die
serbische Regierung nicht akzeptieren konnte, weil darin
nicht nur eine NATO-Besetzung des Kosovo enthalten war,
sondern auch unbeschränkter Zugang zu ganz Serbien. Der
serbische General Pavcovic kommentierte: "Sie verlangten
uneingeschränkte Bewegungsfreiheit, was sich kaum von
einer Besetzung unterschied. Niemand konnte so etwas
akzeptieren."
Das
war die Absicht der USA. Albright erklärte der BBC:
"Falls die Serben [dem Ultimatum von Rambouillet]
nicht zustimmen sollten, die Albaner aber zustimmten, dann
gab es einen ganz klaren Grund für die Anwendung von
Gewalt." Rubin fügte hinzu: "Selbstverständlich
musste es in der Öffentlichkeit so aussehen, als ob wir
eine Übereinkunft anstrebten, aber insgeheim wussten
wir, dass die Chancen auf eine Zustimmung der Serben sehr
gering waren."
Der
UCK-Führer Thaci war das einzige Problem, weil er den
Einschluss eines Referendums über Unabhängigkeit
forderte. So wurde am Valentinstag Albright zu ihm geschickt
mit der Aufgabe, ihn zu überzeugen. Veton Suroi, ein
mit der UCK rivalisierender Politiker, der an den
Gesprächen beteiligt war, gibt eine offene Beschreibung
von Albrights Botschaft an Thaci: "Sie sagte: ,Ihr
unterschreibt, die Serben unterschreiben nicht, wir
bombardieren. Ihr unterschreibt, die Serben unterschreiben,
dann habt ihr die NATO im Land. Ihr habt die Wahl'."
Nach
drei Wochen Diskussion stimmte Thaci endlich zu und
unterzeichnete den Vertrag von Rambouillet. So war der Weg
für die USA frei, einen offenen Krieg gegen Serbien zu
führen, einen Krieg, der mit den schmutzigen Tricks der
CIA und politischen Manövern mit Terroristen
vorbereitet worden war.
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Neuer
Weltordnungskrieg
Verantwortungslos
zu hoch gestapelt: Ergebnisse und Lehren aus dem
Überfall auf Jugoslawien
von
Hans-Werner Deim (*)
Die
USA und andere NATO-Länder überziehen nach dem
Ende des Kalten Krieges Völker und Staaten, die sich
der von Washington erdachten neuesten Weltordnung nicht
beugen, mit Krieg, bewaffneten Konflikten und
Überfällen. Diesen vierten Versuch der Neuordnung
der Welt nach den drei Weltordnungskriegen (1914 bis 1918,
1939 bis 1945, 1946 bis 1991) in knapp einem Jahrhundert
könnten Historiker später, wenn die Unlogik,
Absurdität und Unmoral neuer Kriege kein Ende finden,
als die Anfangsphase des 4. Weltordnungskrieges
bewerten.
Die
Aggressionsopfer sind derzeit keine gleichwertigen
Kriegsgegner. Es sind relativ kleine Staaten mit weit
unterlegenen Potentialen und Ressourcen. In diesen Kriegen
bemühen sich die USA und die NATO um den Nachweis,
daß das hauptsächliche Gestaltungselement der
Weltordnung Streitkräfte sind und daß
konventionelle Waffen den Nacken Unbotmäßiger
brechen lassen. So warnten die USA ihren sowjetischen
Kontrahenten einstmit dem Abwurf von Atombomben auf
japanische Städte im August 1945. Die Kriegsgegner der
USA und der NATO werden zuerst zu Schurken gestempelt, bevor
Streitkräfte gegen sie aufgefahren werden und modernste
konventionelle Vernichtungsmittel gegen sie zum Einsatz
kommen. Der Kriegsgegner muß auch im Bewußtsein
der eigenen und der anderen Völker eine permanent
störende Ausnahmeerscheinung sein. Mit der
BundesrepublikJugoslawien ist in Europa auf dem für die
USA und die NATO geostrategisch bedeutsamen Balkan ein
solcher Ausnahmefall gegeben. Es ist das einzige Land, das
vorerst seinen Weg alleine gehen will und sich westlicher
Integration und westlichen Koalitionen nicht
anzuschließen gedenkt.
In
den Kriegen der USA und der NATO werden die neuesten Waffen
und andere Technologien zum Einsatz gebracht. Ihr Wesen aber
ist den vorausgegangenen Weltordnungskriegen gleich: den
Gegner bis zur Kampf- und Handlungsunfähigkeit zu
schwächen, um über ihn das Diktat ausüben zu
können sowie die Kontrolle über Ressourcen und
Territorien zu erringen.Mit der SFOR haben die USA und die
NATO nun auf dem Balkan Truppen in Korpsstärke in
Bosnien und mit der KFOR ein starkes
Divisionsäquivalent im Kosovo vorentfaltet. Die neuen
Kriege sind, was die physische Vernichtung der Menschen
betrifft, von geringerer Grausamkeit. Die Hiroshima-Bombe
mit einem Trotyl- Äquivalent von etwa 20000 Tonnen
tötete 200000 Japanerbzw. machte sie zu nie
aufgefundenen Vermißten. Im Krieg gegen die
Bundesrepublik Jugoslawien wurden bei Angriffen auf Objekte
des Landes Gefechtsmittel mit einer Gesamtsprengkraft von
21700 Tonnen Trotyl eingesetzt. Die Zahl der getöteten
Bürger - Zivilisten bzw. Soldaten - Jugoslawiens
übersteigt offensichtlich nicht 3000.
Auf
die Gesellschaft aber ist die Wirkung dieser
Kriegeunvergleichlich effektiver und grausamer. In 78
Kriegstagen zerstörten die USA und die NATO das
Lebenswerk einer ganzen Generation: mehr als ein Drittel des
lndustriepotentials, 100 Brücken, unzählige
soziale, medizinische, Verkehrs-, Informations- und
Bildungseinrichtungen. Die Aufwendungen für die
Aggressionsabwehr sowie die Kriegsschäden bemessensich
auf 350 Milliarden Dollar. Den jugoslawischen Bürgern
wurde mit allen Mitteln des Informationskrieges suggeriert,
daß dieses Unheil Präsident Slobodan Milosevic
verursacht hat. Weite Kreise der jugoslawischen
Bevölkerung aber erkannten, daß mit ihrem Leiden
die »Trümpfe« des Westens bei der Auslegung
des Völkerrechts offenbar wurden: Die Mächtigen
der Weltinteressieren nicht Recht und Ordnung, sie sind
militärisch unbesiegbar, sie haben Geld und auch die
Möglichkeit, mit Geldentzug zusätzlich zu
bestrafen.
Diese
Erfahrungen machten viele jugoslawische Bürger schon im
Ersten und Zweiten Weltkrieg mit den Deutschen. Recht ist
nur etwas für die Schwachen, und die können sich
gegenüber den Mächtigen nicht durchsetzen! Die USA
und die NATO demonstrierten, daß sie die fundamentalen
Menschenrechte, das Recht anderer auf Leben nicht de jure
anerkennen, sondern höchstens de facto, d.h. nur in dem
Maße, wie esden Interessen der USA und der NATO nicht
widerspricht. Daher hat es die Opposition in Jugoslawien so
unendlich schwer, den USA und der NATO die Erfüllung
des eigentlichen Kriegszieles nachzureichen, die Abwahl oder
den Sturz von Präsident Milosevic.
Als
Hauptkriegsgrund wird die den Kosovo-Albanern von Serben
zugefügte humanitäre Katastrophe genannt und als
Hauptkriegsziel ihre Beendigung. Es liegen gesicherte
Erkenntnisse darüber vor, daß vor dem
Kriegsbeginn von Flucht, Zerstörungen und Verbrechen
Albaner und Serben in gleicher Weise betroffen waren. Das
war nicht nur das Werk einer Seite.
SystematischeVertreibungen und Flüchtlingsströme
setzten erst nach der Eröffnung der Aggression ein.
Daher ist der Krieg nicht die notwendige Folge der ihm
vorausgegangenen Ereignisse. Der Frieden wurde verspielt,
weil die meisten NATO-Länder sich einseitig gegen einen
Volksteil positionierten, die Serben. Die meisten
Europäer widersetzten sich aus
»bewährter« Disziplingegenüber der
Leitmacht nicht der Militarisierung der Politik durch die
USA. Sie unterschätzten wie ihr Protektor die
Widerstands- undDurchhaltefähigkeit eines
südslawischen Volkes.
Mit
dem Entschluß zum Überfall veränderten die
USA und die NATO Rolle und Gewicht der UCK, der sogenannten
Kosovo-Befreiungsarmee. Entsprechend den ihr zugewiesenen
Aufgaben und der Logik des Krieges hörte sie für
die Kriegszeit auf, eine sezessionistische innerpolitische
Organisation zu sein. Die UCK wurde als Erdkomponente der
operativ-strategischen Gesamtgruppierung der NATO für
die jugoslawische Volksarmee Kriegsgegner.
So wurde die UCK auch bekämpft, kompromißlos und
hart. Nur in den Kabinetten ist der Krieg ein
eindrucksvoller Plan. Auf dem Gefechtsfeld geht es um Leben
und Tod, wird nach wie vor getötet, um nicht selbst
getötet zu werden.
Bei
der frühzeitigen Vorbereitung des Einsatzes
militärischer Gewalt gegen Jugoslawien wurde von den
NATO-Militärs eingehend die Möglichkeit der
Durchführung der Angriffsoperation
eineroperativ-strategischen Truppen- und Fliegergruppierung
von einigen 100 000 Mann mit der Einnahme Belgrads erwogen.
Aber die Bedingungen für ihre Entfaltung im Umfeld
Jugoslawiens fehlten. Die Territorien Bulgariens und
Rumäniens standen dafür nicht zur Verfügung.
Die Erlaubnis zur Stationierung der Kriegsgruppierung auf
den Territorien Albaniens und Mazedoniens war nicht zu
erwarten.
Die
Auffassung der USA, deren Truppen mit offener oder
gepanzerter Brust nicht zu kämpfen lieben, setzte sich
durch: Es ist vorteilhafter, die Disziplinierung der Serben
und die Umformung ihres Staates mit Schlägen aus der
Luft zu verwirklichen. Nach der am 24. März 1999
begonnenen Etappe kurzer Luftschläge und ihrer dann
folgenden phasenweisen Verstärkung erfolgte bald der
Übergang zur Luftoperation. Das führte zum
Anwachsen des Bestandes der Gruppierung der Kampfflugzeuge
von 400 auf 1 200 Maschinen (fast 40 Prozent der
Kampfflugzeuge der NATO inEuropa). Im Bericht des
US-Verteidigungsministeriums an den Präsidenten und den
Kongreß über das Jahr 1999 wird die
glänzende Bewährung der Luft-kosmischen
Expeditionsformationen als eindrucksvollste Errungenschaft
des Jugoslawien-Krieges hervorgehoben. Sie erlauben es, mit
Hilfe einer ständig wachsenden Gruppierung von
Aufklärungs- und anderen Sputniks die
Luftangriffsmittel sicher auf jedes Ziel zu richten. Damit
werden nicht parierbare Schläge aus der Luft auf die
strategischen, operativen und taktischen Objekte des Gegners
möglich. Nach Auffassung der Militärexperten ist
dieser Entwicklungsschritt im Militärwesen nur
vergleichbar mit der »Erfindung« der
gewissermaßen 2. Armee des »Dritten Reiches«
in Gestalt der sich zügig von den Infanterie- und
Artillerieverbänden lösenden Panzerverbände,
die bei ihren Stößen in die Tiefe ununterbrochen
von den »Stukas«, den Sturzkampfflugzeugen,
begleitet wurden.
Die
Erfahrungen aus dem Krieg gegen Jugoslawien zeigen,
daß die USA und die NATO auf die abgestimmte und
parallel bis zum Ende verlaufende Durchführung von zwei
Operationen setzten. Die Handlungen begannen, lange bevor
die erste Bombe detonierte, mit dem massierten
Informationsangriff, um die Informationsüberlegenheit
und schließlich -herrschaft zu erringen.Dann wurden
die Schläge der Luft-kosmischen Kräfte zur
endgültigen Brechung des Widerstandes des
ausgewählten Opfers geführt. Der
Informationsangriff hatte eine tiefe Wirkung selbst auf
Seele und Verstand der deutschen Bevölkerung. Seine
Folgen wirken nach.
Bei
der Durchführung der Schläge aus der Luft gab es
unvorhergesehene Erscheinungen und große
Überraschungen. Die Kampfflugzeuge der NATO konnten
ihre Allwetterfähigkeit nicht nachweisen. Nur an 16 der
78 Kriegstage (20 Prozent) konnten sie uneingeschränkt
handeln. Die NATO hat in 78 Tagen 38000 Flugzeugstarts
durchgeführt, aber nur 26 300 erfolgten in den
jugoslawischen Luftraum hinein. Auf insgesamt 995 zivile (60
bis 70Prozent) und militärische Ziele erfolgten 2 300
Anflüge. Um einAngriffsflugzeug ins Ziel zu bringen,
bedurfte es also neun bis zehn anderer Flugzeuge.
Das
ist ernüchternd für jene, die in das Hohelied der
Unübertreffbarkeit der Luft-kosmischen
Expeditionsformationen einstimmen.
Durch
Einsatz von Attrappen und das Anlegen von Scheinstellungen
und -objekten gelang es der jugoslawischen Volksarmee, den
Luftgegner zu täuschen. Die jugoslawischen
Funkmeßstationen wechselten nach kurzem Einschalten
und die Fla-Raketenkomplexe nach dem Start der Raketen
unverzüglich ihre Stellungen. Viele der gegen sie
gerichteten Gefechtsmittel des Luftgegners fielen ins
Leere.
Die
Jugoslawische Volksarmee, die vernichtet werden sollte,
verlor ihre Gefechtsbereitschaft und Gefechtsfähigkeit
nicht. Durch geschickte Manöver und Umgruppierungen
blieben die Truppenteile und Einheiten, die Waffensysteme
und materiellen Reserven fast unberührt von den
Schlägen aus der Luft.
Durch
das gegen Jugoslawien verhängte Waffenembargo (seit
1992) mußte die Volksarmee mit den sowjetischen Fla-
Raketenveteranen geringer und mittlerer Reichweite der 60er
Jahre auskommen. Sie zwangen den Luftgegner in große
Höhen (4000 - 12000 Meter) und in die Stratosphäre
(12 000 - 40000 Meter).
Dadurch
konnte der Einsatz von Bordkanonen verhindert werden.
Kampfflugzeuge und unbemannte Luftfahrzeuge (Drohnen), die
in mittleren (1000 - 4000 Meter) und geringen (200 - 1000
Meter) Höhen handelten, sowie Flügelraketen in
extrem geringen Höhen (bis 200 Meter) wurden aktiv
bekämpft. Entgegen den Darstellungen der NATO geht die
jugoslawische Seite von folgenden Verlusten des Luftgegners
aus: 61 Kampfflugzeuge, 30 Drohnen, sieben Hubschrauber und
238 Flügelraketen (25 Prozent der mehr als 1 000
eingesetzten). Im Falle der Ergänzung der
jugoslawischen Fla-Raketengruppierung durch neueste
russische Systeme wie S-300 (Reichweite 300 Kilometer) und
S- 400 (Reichweite 400 Kilometer), die den Luftgegner vor
dem Ausklinken der Bomben und dem Start der Flugzeugraketen
bekämpfen können, wäre das Handlungsmodell
der NATO gescheitert.
Im
Verlaufe des 20. Jahrhunderts hatten der Krieg und die
Streitkräfte entwickeltere Formen angenommen als der
Frieden und die ihm entsprechenden Strukturen. Vor zehn
Jahren entstand die einmalige Chance, eine Friedensordnung
zu begründen und aufzubauen, in der die Stärke des
Rechts das selbstmandatierte Recht des Stärkeren
endgültig bricht. NATO-Europa ist die Fortsetzung und
Weiterentwicklung der bitteren Erfahrungen des 20.
Jahrhunderts. Das Bündnis hat sich aus einem Instrument
der kollektiven Verteidigung - nach seinem damaligen
Selbstverständnis - zu einem Instrument des kollektiven
Überfalles entwickelt. Die NATO kann keine Menschen-
und Minderheitenrechtsprobleme lösen. Sie kann nur
bomben. Deutsche Politik könnte sich bleibende
Verdienste erwerben, wenn sie sich nach den auch für
sie bitteren Erfahrungen des Jugoslawien-Krieges 1999
ermannt, das Schicksal Europas und Deutschlands höher
zu schätzen als die nationalen Interessen der USA. Das
wäre ein maßgeblicher Schritt auf dem Wege zu
einer europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung und
der Verhinderung neuer Kriege.
Die
Behauptungswillen besitzenden regionalen Groß- und
Mittelmächte und die kleinen Staaten des Planeten
werden aus dem Kriegsgeschehen auf dem Balkan ihre eigenen
Schlußfolgerungen gezogen haben. Sie werden sich
festlegen, mit wem unter den Großen sie es im
Interesse ihrer Freiheit, Unabhängigkeit und
territorialen lntegrität halten müssen und wie man
sich besser zu wappnen hat als das vorerst letzte Opfer. So
bringen die Kriegsabenteuer der USA und der NATO wieder die
Kernwaffen und neue Rüstungen ins Spiel und
fördern neue Konfrontationen und neue Blockbildungen.
(*)
Hans-Werner Deim ist Generalmajor a.D. der Nationalen
Volksarmee
***
Im Juni 2000 werden die Hauptverantwortlichen des NATO-
Krieges gegen Jugoslawien von einem internationalen Tribunal
in einem inoffiziellen Strafverfahren zur Rechenschaft
gezogen. Es geht in dem Verfahren um die Verbrechen der
Vorbereitung und Führung eines Angriffskrieges, sowie
um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Das
Tribunal findet in zeitlicher Nähe zueinander, einmal
in New York und in Berlin statt. Organisator des US-
amerkanischen Tribunals ist das International Action Center
unter der Leitung des ehemaligen Justizministers Ramsey
Clark. Das europäische Tribunal in Berlin wird von
verschiedenen Friedens- und Menschenrechtsgruppen getragen.
Arbeitsgrundlage
des Internationalen Europäischen Tribunals ist ein von
namhaften Völkerrechtlern entworfenes Statut. Für
die Anklage sind alle Bereiche der Kriegsführung und
ihre Folgen zu berücksichtigen. Expertengruppen
arbeiten zu folgenden Schwerpunkten. Ermordung,
Verstümmelungen und Verletzungen der Menschen,
psychische Folgeschäden; Völkerrechtsverletzungen;
Umweltschäden/Zerstörung der Lebensgrundlagen;
Militärstrategie und Waffeneinsätze; Medienkrieg;
Zerstörungen von Kunst und
Kulturschätzen.
In
Vorbereitung des Tribunals findet am 16. April 2000 in
Hamburg ein zweites, öffentliches Hearing statt. Es
behandelt die Verantwortung der deutschen
Regierungsvertreter und NATO- Repräsentanten am Krieg
und den darin verübten Verbrechen.
*
Kontakt und Information: GBM - Gesellschaft zum Schutz von
Bürgerrecht und Menschenwürde e. V., Weitlingstr.
89, 10317 Berlin, Telefon 030-557 83 97, Fax 030-555 63
55.
Internet:
www.nato-tribunal.de
©
junge Welt 24.03.2000
Überraschenderweise
setzt sich das Hamburger Abendblatt in einer Serie mit dem
Kosovo-Krieg auseinander.
Nachfolgend
ein Beitrag und der Link zu weiteren
Beiträgen:
Mit
Halbwahrheiten in den
Krieg?
Kosovo:
Deutscher Brigadegeneral erhebt schwere Vorwürfe gegen
Scharping
Der
angebliche Hufeisenplan
Hamburg
- Wurden deutsche Soldaten mit Halbwahrheiten und
überzeichneten Interpretationen dubioser
Geheimdienstanalysen in ihren lebensgefährlichen
Einsatz in das Kosovo geschickt? Fast ein Jahr nach Beginn
des Kosovokrieges hat der frühere deutsche
Brigadegeneral Heinz Loquai (61) erhebliche Zweifel
an den Aussagen von Bundesverteidigungsminister Rudolf
Scharping zum so genannten Hufeisenplan geäußert.
"Die Widersprüche in der Beweisführung des
Verteidigungsministers sind so groß, dass man
begründete Zweifel an der Existenz eines solchen
Dokuments, das auch tatsächlich echt ist, haben muss",
schreibt der heutige Berater der Organisation für
Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in seinem
diese Woche erscheinenden Buch "Der Kosovo-Konflikt -
Wege in einen vermeidbaren Krieg".
Die
Bilder Zehntausender vertriebener Kosovaren in den
Flüchtlingslagern in Mazedonien und Albanien ließ
Kriegsgegner argumentieren, die Vertreibung der Albaner habe
erst nach dem Abzug der OSZE-Beobachter im Kosovo (20.
März) und dem Beginn der NATO-Luftangriffe am 24.
März begonnen. Dieses Argument wischte Scharping mit
dem Hufeisenplan beiseite. Demnach hatte Jugoslawiens
Präsident Slobodan Milosevic die Vertreibung der
Kosovaren bereits im November 1998 geplant und bereits im
Januar damit begonnen. In seinem Buch wirft Loquai Scharping
vor, sich in eine Fülle von Widersprüchen zu
verstricken. So enthält Scharpings angeblicher
Hufeisenplan alle Details bis "zur Nennung aller dafür
einzusetzenden Einheiten". In einer vom Führungsstab
der Streitkräfte veröffentlichten Dokumentation
heißt es aber, der Plan sei "in seinen Details nicht
bekannt". Scharping behauptet, das Hauptziel des Planes sei
"die ethnische Säuberung des Kosovo", sein Stab
vermutet, das Ziel sei die Zerschlagung der
Kosovo-Befreiungsarmee UCK. Vertreibungen seien
offensichtlich ein Bestandteil des Planes.
"Kein
Staatsanwalt würde es in einem Rechtsstaat wagen, mit
einer in sich so widersprüchlichen Anklageschrift, mit
so schwachen Beweisen Anklage zu erheben", schreibt Loquai.
Der Plan habe die öffentliche Kritik an den
NATO-Luftangriffen beiseite geschoben, sogar eine
zusätzliche Rechtfertigung geliefert, als die
Parlamentarier die Entscheidung für den Einsatz
deutscher Soldaten trafen.
Verteidigungsminister
Rudolf Scharping konnte aus "terminlichen Gründen"
nicht zu den Vorwürfen Stellung nehmen.
(fjh)
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sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und
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