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Der Krieg auf dem Balkan und seine Hintergründe

 

nachträglich anerkannte Wahrheiten und sonstige Manipulationen unserer machtkranken Politiker

- Globale Hintergründe und Fragen zum Jugoslawienkrieg -

 

Britischer Dokumentarfilm belegt:

USA arbeiteten mit UCK zusammen, um Krieg gegen Serbien zu provozieren,Sunday Times behauptet auch Verwicklung der CIA, von Chris Marsden, 22. März 2000, aus dem Englischen (16. März 2000)

 

Am Sonntag, den 12. März, zeigte der britische TV-Sender BBC2 einen Dokumentarfilm von Alan Little. Der Film heißt: "Moralische Kriegsführung: Die NATO im Krieg" ("Moral Combat: NATO At War"). Er enthält erdrückende Beweise, dass die Clinton-Regierung sich einen Vorwand zum Krieg gegen das serbische Regime von Milosevic schuf, indem sie die separatistische Kosovo-Befreiungsarmee UCK unterstützte, und dass sie dann ihre Entscheidung gegen die europäischen Verbündeten durchsetzte. Die Enthüllungen wurden von einem zeitgleichen Artikel in der Zeitung Sunday Times ergänzt.

Little führte Interviews mit Personen durch, die im Kosovo-Krieg eine Rolle gespielt hatten; diese äußerten sich ganz unverblümt. Am interessantesten waren die Gespräche mit US-Außenministerin Madeleine Albright, dem stellvertretenden US-Außenminister James Rubin, US-Vermittler Richard Holbrooke, William Walker, dem Leiter der UNO-Überwachungsmission, und UCK-Führer Hashim Thaci. Sie wurden durch weitere Interviews ergänzt.

Die Dokumentation zeigte auf, wie die "Feindschaft gegen Milosevic aus einer suspekten Guerilla-Truppe Verbündete der mächtigsten Nationen der Erde machte".

Seit der Zeit des Krieges in Bosnien 1995 versuchte die UCK, die weitverbreitete Feindschaft der Kosovo-Albaner gegen das Belgrader Regime auszunutzen. Sie verfolgte die Strategie, die serbische Provinz Kosovo durch terroristische Akte zu destabilisieren, und hoffte, dass die USA und die NATO schließlich eingreifen würden. Sie überfiel serbische Patrouillen und tötete Polizisten.

UCK-Führer Thaci erläuterte dazu: "Jede unserer bewaffneten Aktionen wurde mit Vergeltung gegen Zivilisten beantwortet. Uns war klar, dass wir viele Zivilisten in Gefahr brachten." Die Früchte dieser Strategie erklärte Dug Gorani, ein nicht zur UCK gehörender Verhandlungsführer der Kosovo-Albaner: "Je mehr Zivilisten getötet wurden, desto größer wurde die Chance auf eine internationale Intervention. Die UCK begriff das natürlich auch. Ein ausländischer Diplomat sagte mir einmal: ,Schau mal, solange ihr nicht mindestens fünftausend Tote zu bieten habt, werdet ihr niemals irgendwelche ausländischen Mächte im Kosovo stationiert bekommen."

Albright gefiel die Strategie der UCK, weil die USA unbedingt einen militärischen Konflikt mit Serbien wollten. Ihre Interviews begannen mit den Worten: "Ich glaubte an die Größe und Güte der Macht, der Macht der Verbündeten unter Führung der Vereinigten Staaten." Die Provokationen der UCK wurden zum Mittel, mit dem der Einsatz dieser Macht gerechtfertigt werden konnte.

Der Angriff der serbischen Armee vom 5. März 1998 in Prekaz auf das Haus von Adem Jashari, einem führenden Kommandanten der UCK, bei dem 53 Menschen starben, wurde Anlass eines Treffens der NATO-Kontaktgruppe vier Tage danach. Albright drängte auf eine harte anti-serbische Reaktion. "Ich hielt mich für verpflichtet, meinen Kollegen zu sagen, dass wir nicht die Fehler von Bosnien wiederholen dürften, wo es viel Gerede und keine Taten gegeben hatte", meinte sie gegenüber Little.

Die NATO drohte Belgrad zum ersten Mal mit einer militärischen Reaktion. "Die Interessen der UCK und der NATO-Verbündeten fielen zusammen", kommentierte Little. Dann zeigte er, wie ein weiteres Treffen zwischen US-Vermittler Richard Holbrooke und UCK-Mitgliedern in Junik Belgrad verärgerte und die albanischen Separatisten ermunterte. General Nebojsa Pavkovic, der Kommandeur der jugoslawischen Armee im Kosovo, erklärte: "Wenn der offizielle Vertreter eines anderen Landes hierher kommt, Regierungsbeamte einfach ignoriert und statt dessen ein Treffen mit den albanischen Terroristen abhält, dann ist es ziemlich klar, dass diese Unterstützung bekommen."

Lirak Cejal, ein UCK-Kämpfer, ging noch weiter: "Von diesem Zeitpunkt an wusste ich, dass die USA, die NATO, die Hand über uns halten würden. Sie suchten den Kopf der UCK, und als sie ihn fanden, wollten sie die UCK an die Hand nehmen und kontrollieren."

Im Oktober 1998 hatte die NATO ein Waffenstillstandsabkommen durchgesetzt, teilweise durch Drohungen und teilweise, weil Serbien gegen die UCK Erfolge erzielt hatte. Eine Überwachungsmission unter dem Schirm der OSZE und der Führung von William Walker wurde in die Provinz geschickt.

Littles Dokumentarfilm weist nur in dem Interview mit Cejal auf die Kontrolle der UCK durch die USA hin, und da auch nur in einer Anekdote. Es scheint, dass sich die BBC in dieser Frage etwas zurückhielt, da am Tag der Ausstrahlung von Littles Dokumentarfilm ja auch der Artikel in der Sunday Times erschien.

Die Times -Journalisten Tom Walker und Aidan Laverty schrieben dort: "Zahlreiche Amerikaner, die direkt in CIA-Aktivitäten verwickelt oder daran beteiligt waren, haben mit den Autoren von ,Moral Combat' gesprochen, einer Dokumentation, die heute Abend auf BBC2 ausgestrahlt wird. Sie sprachen auch mit der Sunday Times über ihre geheimen Operationen der ,verdeckten Unterstützung für die UCK', die der NATO-Bombardierung des Kosovo vorausgingen."

Die Sunday Times erklärte, dass die anonymen Quellen "zugaben, die Kosovo-Befreiungsarmee mit ausgebildet zu haben". Sie fügte hinzu, dass die CIA-Offiziere "1998 und 1999 den Waffenstillstand überwachten, Beziehungen mit der UCK anknüpften, ihr amerikanische Ausbildungspläne gaben und sie militärisch berieten, wie man die jugoslawische Armee und serbische Polizei am besten bekämpfe."

Die Times fuhr fort: "Vor einem Jahr, als sich die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die die Überwachung koordinierte, eine Woche vor Beginn der Luftschläge aus dem Kosovo zurückzog, wurden viele ihrer Satellitenverbindungen und globalen Positionierungssysteme insgeheim an die UCK übergeben, um sicherzustellen, dass die Kommandeure mit der NATO und Washington in Verbindung bleiben konnten. Einige UCK-Führer kannten die Handynummer von General Wesley Clark, dem NATO-Kommandanten."

Der Artikel zitiert im folgenden ungenannte "europäische Diplomaten, die damals für die OSZE arbeiteten", die "behaupteten, sie sei von einer amerikanischen Politik verraten worden, die Luftschläge unausweichlich machte." Sie zitierten einen europäischen Gesandten, der den OSZE-Verhandlungsleiter Walker beschuldigte, er leite eine CIA-Operation: "Die amerikanische Delegation war mit ihren diplomatischen Beobachtern, auch bekannt als CIA, bestückt, die mit vollkommen unterschiedlichen Vorgaben arbeiteten als der Rest aus Europa und der OSZE."

Walker war als amerikanischer Botschafter in El Salvador gewesen, als die USA die Unterdrückung der dortigen linken Rebellen ermöglichten, und er wird im allgemeinen als CIA-Mann betrachtet. Er bestreitet dies, aber gegenüber der Sunday Times räumte er ein, es sei fast sicher, dass die CIA in die unmittelbaren Vorbereitungen der Luftschläge verwickelt gewesen sei:

"Über Nacht hatten wir hier statt einer Handvoll Menschen plötzlich 130 Personen oder mehr. Konnte es die CIA sein, die sie zu diesem Zeitpunkt hergeschickt hatte? Sicherlich konnte das sein, das ist ja ihre Aufgabe."

Die Zeitung zitiert die relativ offenen Kommentare ihrer CIA-Quellen: "Das war eine CIA-Front; sie sammelte Informationen über die Bewaffnung und Führung der UCK", sagte einer. "Ich sagte ihnen, welchen Hügel sie vermeiden, welchen Wald sie umgehen sollten, und solche Sachen", sagte ein anderer.

Um diese Behauptungen abzurunden, bemerkte die Sunday Times, dass Shaban Shala, ein UCK-Kommandant, der heute in der Kampagne zur Destabilisierung albanischer Gebiete in Serbien aktiv ist, ausgesagt habe, er habe 1996 in Nordalbanien britische, amerikanische und Schweizer Agenten getroffen.

Littles BBC-Dokumentation war etwas zurückhaltender mit der Behauptung, dass die CIA die UCK unterstützt habe, aber sie veranschaulicht, wie die Gelegenheit des Waffenstillstands ergriffen wurde, um den Separatisten die Kontrolle über das Kosovo zu ermöglichen. Little erklärte, überall dort, wo die Serben ihre Kräfte in Übereinstimmung mit dem Abkommen zurückzogen, sei die UCK nachgerückt. Der militärische Führer der UCK, Agim Ceku, sagte: "Der Waffenstillstand war für uns sehr nützlich, er half dabei, uns zu organisieren, uns zu konsolidieren und zu wachsen." Trotz serbischer Proteste wurde nichts unternommen, um dies zu verhindern.

Little zufolge liegt der BBC ein vertrauliches Protokoll des Nordatlantikrates (NAC), dem leitenden Gremium der NATO vor, worin es heiße, die UCK sei "Hauptinitiator der Gewalt", und Walker nenne seine Aktionen im privaten Kreis eine "absichtlich provokative Kampagne". Diese verdeckte Unterstützung der UCK durch die USA hat Serbien provoziert, den Waffenstillstand zu beenden und die Armee zurück in das Kosovo zu schicken.

Der nächste große Wendepunkt der Ereignisse, die auf den NATO-Krieg gegen Serbien zusteuerten, war das angebliche Massaker an Albanern in Racak am 15. Januar 1999. Bis heute wird die Frage, ob serbische Soldaten in Racak Zivilisten in einem Racheakt ermordet hätten, von Belgrad entschieden bestritten. Belgrad behauptet, die UCK habe das angebliche Massaker gestellt und Leichen aus früheren Kämpfen dafür benutzt.

Internationale Beobachter, die in das Dorf kamen, nachdem serbische Truppen den Tod von 15 UCK-Kämpfern bekannt gegeben hatten und sich zurückzogen, hatten nichts Ungewohntes zu berichten gehabt. Erst am nächsten Morgen, nachdem die UCK die Kontrolle über das Dorf zurückerobert hatte, besuchte Walker es und gab bekannt, dass serbische Polizisten und jugoslawische Soldaten ein Massaker verübt hätten. Little bestätigt, dass Walker mit Holbrooke und General Clarke Kontakt aufgenommen hatte, ehe er diese Meldung in die Öffentlichkeit brachte.

Racak sollte der letzte Vorwand für eine Kriegserklärung werden. Aber erst musste Washington noch sicherstellen, dass die europäischen Mächte, die außer Großbritannien immer noch auf eine diplomatische Lösung drängten, mit von der Partie sein würden. Die Verhandlung in Rambouillet, Frankreich, fanden im Schatten eines drohenden Krieges statt.

Little erklärt: "Die Europäer, von denen sich einige nur widerwillig zur Androhung von Gewalt bekehren ließen, machten ernsthaft Druck für eine Lösung, die sowohl Serben als Albaner hätten akzeptieren können. Aber die Amerikaner waren skeptisch. Sie waren in anderer Absicht nach Rambouillet gekommen."

Sowohl Albright als auch Rubin waren außergewöhnlich offen über die Ziele, die sie in Rambouillet erreichen wollten. Sie präsentierten ein Ultimatum, das die serbische Regierung nicht akzeptieren konnte, weil darin nicht nur eine NATO-Besetzung des Kosovo enthalten war, sondern auch unbeschränkter Zugang zu ganz Serbien. Der serbische General Pavcovic kommentierte: "Sie verlangten uneingeschränkte Bewegungsfreiheit, was sich kaum von einer Besetzung unterschied. Niemand konnte so etwas akzeptieren."

Das war die Absicht der USA. Albright erklärte der BBC: "Falls die Serben [dem Ultimatum von Rambouillet] nicht zustimmen sollten, die Albaner aber zustimmten, dann gab es einen ganz klaren Grund für die Anwendung von Gewalt." Rubin fügte hinzu: "Selbstverständlich musste es in der Öffentlichkeit so aussehen, als ob wir eine Übereinkunft anstrebten, aber insgeheim wussten wir, dass die Chancen auf eine Zustimmung der Serben sehr gering waren."

Der UCK-Führer Thaci war das einzige Problem, weil er den Einschluss eines Referendums über Unabhängigkeit forderte. So wurde am Valentinstag Albright zu ihm geschickt mit der Aufgabe, ihn zu überzeugen. Veton Suroi, ein mit der UCK rivalisierender Politiker, der an den Gesprächen beteiligt war, gibt eine offene Beschreibung von Albrights Botschaft an Thaci: "Sie sagte: ,Ihr unterschreibt, die Serben unterschreiben nicht, wir bombardieren. Ihr unterschreibt, die Serben unterschreiben, dann habt ihr die NATO im Land. Ihr habt die Wahl'."

Nach drei Wochen Diskussion stimmte Thaci endlich zu und unterzeichnete den Vertrag von Rambouillet. So war der Weg für die USA frei, einen offenen Krieg gegen Serbien zu führen, einen Krieg, der mit den schmutzigen Tricks der CIA und politischen Manövern mit Terroristen vorbereitet worden war.

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Quelle: http://wsws.org/de/2000/mar2000/koso-m22.shtml


Neuer Weltordnungskrieg

 

Verantwortungslos zu hoch gestapelt: Ergebnisse und Lehren aus dem Überfall auf Jugoslawien

von Hans-Werner Deim (*)

 

Die USA und andere NATO-Länder überziehen nach dem Ende des Kalten Krieges Völker und Staaten, die sich der von Washington erdachten neuesten Weltordnung nicht beugen, mit Krieg, bewaffneten Konflikten und Überfällen. Diesen vierten Versuch der Neuordnung der Welt nach den drei Weltordnungskriegen (1914 bis 1918, 1939 bis 1945, 1946 bis 1991) in knapp einem Jahrhundert könnten Historiker später, wenn die Unlogik, Absurdität und Unmoral neuer Kriege kein Ende finden, als die Anfangsphase des 4. Weltordnungskrieges bewerten.

Die Aggressionsopfer sind derzeit keine gleichwertigen Kriegsgegner. Es sind relativ kleine Staaten mit weit unterlegenen Potentialen und Ressourcen. In diesen Kriegen bemühen sich die USA und die NATO um den Nachweis, daß das hauptsächliche Gestaltungselement der Weltordnung Streitkräfte sind und daß konventionelle Waffen den Nacken Unbotmäßiger brechen lassen. So warnten die USA ihren sowjetischen Kontrahenten einstmit dem Abwurf von Atombomben auf japanische Städte im August 1945. Die Kriegsgegner der USA und der NATO werden zuerst zu Schurken gestempelt, bevor Streitkräfte gegen sie aufgefahren werden und modernste konventionelle Vernichtungsmittel gegen sie zum Einsatz kommen. Der Kriegsgegner muß auch im Bewußtsein der eigenen und der anderen Völker eine permanent störende Ausnahmeerscheinung sein. Mit der BundesrepublikJugoslawien ist in Europa auf dem für die USA und die NATO geostrategisch bedeutsamen Balkan ein solcher Ausnahmefall gegeben. Es ist das einzige Land, das vorerst seinen Weg alleine gehen will und sich westlicher Integration und westlichen Koalitionen nicht anzuschließen gedenkt.

In den Kriegen der USA und der NATO werden die neuesten Waffen und andere Technologien zum Einsatz gebracht. Ihr Wesen aber ist den vorausgegangenen Weltordnungskriegen gleich: den Gegner bis zur Kampf- und Handlungsunfähigkeit zu schwächen, um über ihn das Diktat ausüben zu können sowie die Kontrolle über Ressourcen und Territorien zu erringen.Mit der SFOR haben die USA und die NATO nun auf dem Balkan Truppen in Korpsstärke in Bosnien und mit der KFOR ein starkes Divisionsäquivalent im Kosovo vorentfaltet. Die neuen Kriege sind, was die physische Vernichtung der Menschen betrifft, von geringerer Grausamkeit. Die Hiroshima-Bombe mit einem Trotyl- Äquivalent von etwa 20000 Tonnen tötete 200000 Japanerbzw. machte sie zu nie aufgefundenen Vermißten. Im Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien wurden bei Angriffen auf Objekte des Landes Gefechtsmittel mit einer Gesamtsprengkraft von 21700 Tonnen Trotyl eingesetzt. Die Zahl der getöteten Bürger - Zivilisten bzw. Soldaten - Jugoslawiens übersteigt offensichtlich nicht 3000.

Auf die Gesellschaft aber ist die Wirkung dieser Kriegeunvergleichlich effektiver und grausamer. In 78 Kriegstagen zerstörten die USA und die NATO das Lebenswerk einer ganzen Generation: mehr als ein Drittel des lndustriepotentials, 100 Brücken, unzählige soziale, medizinische, Verkehrs-, Informations- und Bildungseinrichtungen. Die Aufwendungen für die Aggressionsabwehr sowie die Kriegsschäden bemessensich auf 350 Milliarden Dollar. Den jugoslawischen Bürgern wurde mit allen Mitteln des Informationskrieges suggeriert, daß dieses Unheil Präsident Slobodan Milosevic verursacht hat. Weite Kreise der jugoslawischen Bevölkerung aber erkannten, daß mit ihrem Leiden die »Trümpfe« des Westens bei der Auslegung des Völkerrechts offenbar wurden: Die Mächtigen der Weltinteressieren nicht Recht und Ordnung, sie sind militärisch unbesiegbar, sie haben Geld und auch die Möglichkeit, mit Geldentzug zusätzlich zu bestrafen.

Diese Erfahrungen machten viele jugoslawische Bürger schon im Ersten und Zweiten Weltkrieg mit den Deutschen. Recht ist nur etwas für die Schwachen, und die können sich gegenüber den Mächtigen nicht durchsetzen! Die USA und die NATO demonstrierten, daß sie die fundamentalen Menschenrechte, das Recht anderer auf Leben nicht de jure anerkennen, sondern höchstens de facto, d.h. nur in dem Maße, wie esden Interessen der USA und der NATO nicht widerspricht. Daher hat es die Opposition in Jugoslawien so unendlich schwer, den USA und der NATO die Erfüllung des eigentlichen Kriegszieles nachzureichen, die Abwahl oder den Sturz von Präsident Milosevic.

Als Hauptkriegsgrund wird die den Kosovo-Albanern von Serben zugefügte humanitäre Katastrophe genannt und als Hauptkriegsziel ihre Beendigung. Es liegen gesicherte Erkenntnisse darüber vor, daß vor dem Kriegsbeginn von Flucht, Zerstörungen und Verbrechen Albaner und Serben in gleicher Weise betroffen waren. Das war nicht nur das Werk einer Seite. SystematischeVertreibungen und Flüchtlingsströme setzten erst nach der Eröffnung der Aggression ein. Daher ist der Krieg nicht die notwendige Folge der ihm vorausgegangenen Ereignisse. Der Frieden wurde verspielt, weil die meisten NATO-Länder sich einseitig gegen einen Volksteil positionierten, die Serben. Die meisten Europäer widersetzten sich aus »bewährter« Disziplingegenüber der Leitmacht nicht der Militarisierung der Politik durch die USA. Sie unterschätzten wie ihr Protektor die Widerstands- undDurchhaltefähigkeit eines südslawischen Volkes.

Mit dem Entschluß zum Überfall veränderten die USA und die NATO Rolle und Gewicht der UCK, der sogenannten Kosovo-Befreiungsarmee. Entsprechend den ihr zugewiesenen Aufgaben und der Logik des Krieges hörte sie für die Kriegszeit auf, eine sezessionistische innerpolitische Organisation zu sein. Die UCK wurde als Erdkomponente der operativ-strategischen Gesamtgruppierung der NATO für die jugoslawische Volksarmee Kriegsgegner.
So wurde die UCK auch bekämpft, kompromißlos und hart. Nur in den Kabinetten ist der Krieg ein eindrucksvoller Plan. Auf dem Gefechtsfeld geht es um Leben und Tod, wird nach wie vor getötet, um nicht selbst getötet zu werden.

Bei der frühzeitigen Vorbereitung des Einsatzes militärischer Gewalt gegen Jugoslawien wurde von den NATO-Militärs eingehend die Möglichkeit der Durchführung der Angriffsoperation eineroperativ-strategischen Truppen- und Fliegergruppierung von einigen 100 000 Mann mit der Einnahme Belgrads erwogen. Aber die Bedingungen für ihre Entfaltung im Umfeld Jugoslawiens fehlten. Die Territorien Bulgariens und Rumäniens standen dafür nicht zur Verfügung. Die Erlaubnis zur Stationierung der Kriegsgruppierung auf den Territorien Albaniens und Mazedoniens war nicht zu erwarten.

Die Auffassung der USA, deren Truppen mit offener oder gepanzerter Brust nicht zu kämpfen lieben, setzte sich durch: Es ist vorteilhafter, die Disziplinierung der Serben und die Umformung ihres Staates mit Schlägen aus der Luft zu verwirklichen. Nach der am 24. März 1999 begonnenen Etappe kurzer Luftschläge und ihrer dann folgenden phasenweisen Verstärkung erfolgte bald der Übergang zur Luftoperation. Das führte zum Anwachsen des Bestandes der Gruppierung der Kampfflugzeuge von 400 auf 1 200 Maschinen (fast 40 Prozent der Kampfflugzeuge der NATO inEuropa). Im Bericht des US-Verteidigungsministeriums an den Präsidenten und den Kongreß über das Jahr 1999 wird die glänzende Bewährung der Luft-kosmischen Expeditionsformationen als eindrucksvollste Errungenschaft des Jugoslawien-Krieges hervorgehoben. Sie erlauben es, mit Hilfe einer ständig wachsenden Gruppierung von Aufklärungs- und anderen Sputniks die Luftangriffsmittel sicher auf jedes Ziel zu richten. Damit werden nicht parierbare Schläge aus der Luft auf die strategischen, operativen und taktischen Objekte des Gegners möglich. Nach Auffassung der Militärexperten ist dieser Entwicklungsschritt im Militärwesen nur vergleichbar mit der »Erfindung« der gewissermaßen 2. Armee des »Dritten Reiches« in Gestalt der sich zügig von den Infanterie- und Artillerieverbänden lösenden Panzerverbände, die bei ihren Stößen in die Tiefe ununterbrochen von den »Stukas«, den Sturzkampfflugzeugen, begleitet wurden.

Die Erfahrungen aus dem Krieg gegen Jugoslawien zeigen, daß die USA und die NATO auf die abgestimmte und parallel bis zum Ende verlaufende Durchführung von zwei Operationen setzten. Die Handlungen begannen, lange bevor die erste Bombe detonierte, mit dem massierten Informationsangriff, um die Informationsüberlegenheit und schließlich -herrschaft zu erringen.Dann wurden die Schläge der Luft-kosmischen Kräfte zur endgültigen Brechung des Widerstandes des ausgewählten Opfers geführt. Der Informationsangriff hatte eine tiefe Wirkung selbst auf Seele und Verstand der deutschen Bevölkerung. Seine Folgen wirken nach.

Bei der Durchführung der Schläge aus der Luft gab es unvorhergesehene Erscheinungen und große Überraschungen. Die Kampfflugzeuge der NATO konnten ihre Allwetterfähigkeit nicht nachweisen. Nur an 16 der 78 Kriegstage (20 Prozent) konnten sie uneingeschränkt handeln. Die NATO hat in 78 Tagen 38000 Flugzeugstarts durchgeführt, aber nur 26 300 erfolgten in den jugoslawischen Luftraum hinein. Auf insgesamt 995 zivile (60 bis 70Prozent) und militärische Ziele erfolgten 2 300 Anflüge. Um einAngriffsflugzeug ins Ziel zu bringen, bedurfte es also neun bis zehn anderer Flugzeuge.

Das ist ernüchternd für jene, die in das Hohelied der Unübertreffbarkeit der Luft-kosmischen Expeditionsformationen einstimmen.

Durch Einsatz von Attrappen und das Anlegen von Scheinstellungen und -objekten gelang es der jugoslawischen Volksarmee, den Luftgegner zu täuschen. Die jugoslawischen Funkmeßstationen wechselten nach kurzem Einschalten und die Fla-Raketenkomplexe nach dem Start der Raketen unverzüglich ihre Stellungen. Viele der gegen sie gerichteten Gefechtsmittel des Luftgegners fielen ins Leere.

Die Jugoslawische Volksarmee, die vernichtet werden sollte, verlor ihre Gefechtsbereitschaft und Gefechtsfähigkeit nicht. Durch geschickte Manöver und Umgruppierungen blieben die Truppenteile und Einheiten, die Waffensysteme und materiellen Reserven fast unberührt von den Schlägen aus der Luft.

Durch das gegen Jugoslawien verhängte Waffenembargo (seit 1992) mußte die Volksarmee mit den sowjetischen Fla- Raketenveteranen geringer und mittlerer Reichweite der 60er Jahre auskommen. Sie zwangen den Luftgegner in große Höhen (4000 - 12000 Meter) und in die Stratosphäre (12 000 - 40000 Meter).

Dadurch konnte der Einsatz von Bordkanonen verhindert werden. Kampfflugzeuge und unbemannte Luftfahrzeuge (Drohnen), die in mittleren (1000 - 4000 Meter) und geringen (200 - 1000 Meter) Höhen handelten, sowie Flügelraketen in extrem geringen Höhen (bis 200 Meter) wurden aktiv bekämpft. Entgegen den Darstellungen der NATO geht die jugoslawische Seite von folgenden Verlusten des Luftgegners aus: 61 Kampfflugzeuge, 30 Drohnen, sieben Hubschrauber und 238 Flügelraketen (25 Prozent der mehr als 1 000 eingesetzten). Im Falle der Ergänzung der jugoslawischen Fla-Raketengruppierung durch neueste russische Systeme wie S-300 (Reichweite 300 Kilometer) und S- 400 (Reichweite 400 Kilometer), die den Luftgegner vor dem Ausklinken der Bomben und dem Start der Flugzeugraketen bekämpfen können, wäre das Handlungsmodell der NATO gescheitert.

Im Verlaufe des 20. Jahrhunderts hatten der Krieg und die Streitkräfte entwickeltere Formen angenommen als der Frieden und die ihm entsprechenden Strukturen. Vor zehn Jahren entstand die einmalige Chance, eine Friedensordnung zu begründen und aufzubauen, in der die Stärke des Rechts das selbstmandatierte Recht des Stärkeren endgültig bricht. NATO-Europa ist die Fortsetzung und Weiterentwicklung der bitteren Erfahrungen des 20. Jahrhunderts. Das Bündnis hat sich aus einem Instrument der kollektiven Verteidigung - nach seinem damaligen Selbstverständnis - zu einem Instrument des kollektiven Überfalles entwickelt. Die NATO kann keine Menschen- und Minderheitenrechtsprobleme lösen. Sie kann nur bomben. Deutsche Politik könnte sich bleibende Verdienste erwerben, wenn sie sich nach den auch für sie bitteren Erfahrungen des Jugoslawien-Krieges 1999 ermannt, das Schicksal Europas und Deutschlands höher zu schätzen als die nationalen Interessen der USA. Das wäre ein maßgeblicher Schritt auf dem Wege zu einer europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung und der Verhinderung neuer Kriege.

Die Behauptungswillen besitzenden regionalen Groß- und Mittelmächte und die kleinen Staaten des Planeten werden aus dem Kriegsgeschehen auf dem Balkan ihre eigenen Schlußfolgerungen gezogen haben. Sie werden sich festlegen, mit wem unter den Großen sie es im Interesse ihrer Freiheit, Unabhängigkeit und territorialen lntegrität halten müssen und wie man sich besser zu wappnen hat als das vorerst letzte Opfer. So bringen die Kriegsabenteuer der USA und der NATO wieder die Kernwaffen und neue Rüstungen ins Spiel und fördern neue Konfrontationen und neue Blockbildungen.

(*) Hans-Werner Deim ist Generalmajor a.D. der Nationalen Volksarmee

*** Im Juni 2000 werden die Hauptverantwortlichen des NATO- Krieges gegen Jugoslawien von einem internationalen Tribunal in einem inoffiziellen Strafverfahren zur Rechenschaft gezogen. Es geht in dem Verfahren um die Verbrechen der Vorbereitung und Führung eines Angriffskrieges, sowie um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Das Tribunal findet in zeitlicher Nähe zueinander, einmal in New York und in Berlin statt. Organisator des US- amerkanischen Tribunals ist das International Action Center unter der Leitung des ehemaligen Justizministers Ramsey Clark. Das europäische Tribunal in Berlin wird von verschiedenen Friedens- und Menschenrechtsgruppen getragen.

Arbeitsgrundlage des Internationalen Europäischen Tribunals ist ein von namhaften Völkerrechtlern entworfenes Statut. Für die Anklage sind alle Bereiche der Kriegsführung und ihre Folgen zu berücksichtigen. Expertengruppen arbeiten zu folgenden Schwerpunkten. Ermordung, Verstümmelungen und Verletzungen der Menschen, psychische Folgeschäden; Völkerrechtsverletzungen; Umweltschäden/Zerstörung der Lebensgrundlagen; Militärstrategie und Waffeneinsätze; Medienkrieg; Zerstörungen von Kunst und Kulturschätzen.

In Vorbereitung des Tribunals findet am 16. April 2000 in Hamburg ein zweites, öffentliches Hearing statt. Es behandelt die Verantwortung der deutschen Regierungsvertreter und NATO- Repräsentanten am Krieg und den darin verübten Verbrechen.

* Kontakt und Information: GBM - Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e. V., Weitlingstr. 89, 10317 Berlin, Telefon 030-557 83 97, Fax 030-555 63 55.

Internet: www.nato-tribunal.de

© junge Welt 24.03.2000


Überraschenderweise setzt sich das Hamburger Abendblatt in einer Serie mit dem Kosovo-Krieg auseinander.

Nachfolgend ein Beitrag und der Link zu weiteren Beiträgen:

 

Mit Halbwahrheiten in den Krieg?

Kosovo: Deutscher Brigadegeneral erhebt schwere Vorwürfe gegen Scharping

Der angebliche Hufeisenplan

Hamburg - Wurden deutsche Soldaten mit Halbwahrheiten und überzeichneten Interpretationen dubioser Geheimdienstanalysen in ihren lebensgefährlichen Einsatz in das Kosovo geschickt? Fast ein Jahr nach Beginn des Kosovokrieges hat der frühere deutsche Brigadegeneral Heinz Loquai (61) erhebliche Zweifel an den Aussagen von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping zum so genannten Hufeisenplan geäußert. "Die Widersprüche in der Beweisführung des Verteidigungsministers sind so groß, dass man begründete Zweifel an der Existenz eines solchen Dokuments, das auch tatsächlich echt ist, haben muss", schreibt der heutige Berater der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in seinem diese Woche erscheinenden Buch "Der Kosovo-Konflikt - Wege in einen vermeidbaren Krieg".

Die Bilder Zehntausender vertriebener Kosovaren in den Flüchtlingslagern in Mazedonien und Albanien ließ Kriegsgegner argumentieren, die Vertreibung der Albaner habe erst nach dem Abzug der OSZE-Beobachter im Kosovo (20. März) und dem Beginn der NATO-Luftangriffe am 24. März begonnen. Dieses Argument wischte Scharping mit dem Hufeisenplan beiseite. Demnach hatte Jugoslawiens Präsident Slobodan Milosevic die Vertreibung der Kosovaren bereits im November 1998 geplant und bereits im Januar damit begonnen. In seinem Buch wirft Loquai Scharping vor, sich in eine Fülle von Widersprüchen zu verstricken. So enthält Scharpings angeblicher Hufeisenplan alle Details bis "zur Nennung aller dafür einzusetzenden Einheiten". In einer vom Führungsstab der Streitkräfte veröffentlichten Dokumentation heißt es aber, der Plan sei "in seinen Details nicht bekannt". Scharping behauptet, das Hauptziel des Planes sei "die ethnische Säuberung des Kosovo", sein Stab vermutet, das Ziel sei die Zerschlagung der Kosovo-Befreiungsarmee UCK. Vertreibungen seien offensichtlich ein Bestandteil des Planes.

"Kein Staatsanwalt würde es in einem Rechtsstaat wagen, mit einer in sich so widersprüchlichen Anklageschrift, mit so schwachen Beweisen Anklage zu erheben", schreibt Loquai. Der Plan habe die öffentliche Kritik an den NATO-Luftangriffen beiseite geschoben, sogar eine zusätzliche Rechtfertigung geliefert, als die Parlamentarier die Entscheidung für den Einsatz deutscher Soldaten trafen.

Verteidigungsminister Rudolf Scharping konnte aus "terminlichen Gründen" nicht zu den Vorwürfen Stellung nehmen. (fjh)

Links zur WEITEREN BEITRAEGE unter http://www.abendblatt.de/contents/ha/news/reportage/html/210300/KKOSO19.HTM

 

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