Das
systematische Kaltstellen der NGO's durch die Handlanger
des
Kapitals
macht den Weg für eine weiterhin ungestörte und
neoliberal "in
Kauf"
genommene ökosoziale Zerstörung der Biosphäre
frei
Der
Goldene Reis und die Reorganisation der NGO's
von
Hans Branscheidt
(pdf.datei)
Kurz
vor Weihnachten geschah nicht nur an einem Ort der
Prozeß der Reorganisation der NGO's: Der dänische
EU Kommissar Poul Nielson löste auf einen Streich den
Dachverband der unabhängigen europäischen
Entwicklungsorganisationen (CLONG, Brüssel) auf, strich
die Mittel und erreichte damit, daß das Brüsseler
LICO sämtliche Mitarbeiter kündigen mußte.
Mit weitreichenden, wenn nicht verheerenden Folgen für
die nationalen Plattformen, denen nicht nur die
Lobbyeinrichtung LICO nun fehlt, sondern die auch keine
weiteren Finanzmittel &endash; etwa für kritische
Öffentlichkeitsarbeit &endash; von der Kommission mehr
erhalten. Sofern die nationalen Plattformen weiter
existieren, so können sie dies nur dadurch, daß
sie mehr noch als bisher zum "Eigentum" der wenigen
großen NGO's werden (BRD), die bisher schon in
äußerst demokratiefeindlicher Weise die
Vorstandsposten des angeblich unabhängigen
Dachverbandes unter sich verteilten, dessen laufende Kosten
allein sie zu tragen in der Lage sind. Zugleich gab die
Kommission programmatisch vor, wie sie sich die
zukünftige Zusammenarbeit mit den NGO's vorstellt:
diese sollen neoliberal auf ihren eigentlichen Kernbereich
reduziert werden, um als gestrafft renovierte Einheiten
für die operativen Planungen der EU als consultings im
Unterauftrag tätig zu werden. Mit der ebenfalls
demokratiefeindlichen Bedingung, künftig nicht mehr
direkt mit den Südpartnern der armgehaltenen
Länder Projektplanungen vornehmen zu können, die
dann von der EU Förderung erführen, sondern nur
noch die ausgeschriebenen Angebote der Kommission im
heißen Wettbewerb für sich ergattern zu
können.
Damit
dürfte die Historie der kritischen und autonomen
europäischen NGO's tendenziell bis zur
Bedeutungslosigkeit negiert sein.
Es
paßt durchaus in dieses Bild, daß zur selben
Zeit, zum Jahreswechsel, UN Chef Kofi Annan an
Daimler-Chrysler, Shell und andere herantrat und das
Anliegen äußerte, einen Teil der globalen
Aufgaben der Vereinten Nationen privatisierend an das
internationale Kapital zu übergeben. Ted Turner von
CNN, die Möglichkeit der Übernahme des s der
Weltgemeinschaft klar erkennend, übernahm demonstrativ
die Zahlung der nicht geleisteten UN-Beiträge der
US-Regierung in Höhe von 500 Millionen USD. Derart eine
Art Patent für die zukünftige
Öffentlichkeitsarbeit der Vereinten Nationen als
Medienkonzern für sich buchen zu
können.
Auf
dem bevorstehenden Wirtschaftstreffen in Davos wird nun,
alle Proteste abfangen wollend, von den Initiatoren eine
Sozial-Charta vorgetragen werden (verlesen von anerkannten
ehemaligen brasilianischen Antikapitalisten und
Bauernführern), die wesentlich erklärt, daß
es die neue Aufgabe des Kapitals sei, die soziale Frage
selber zu lösen. (Financial Times, 16.1.01)
Das
Kapital nimmt die sozialen, kulturellen und
gesellschaftlichen Weltprobleme in die eigene Hand und
dringt auf entsprechende radikale Reorganisation der
bisherigen staatlichen wie nichtstaatlichen
zivilstrukturellen Einrichtungen.
Diese
sind endgültig als ineffizient bezeichnet, als
wirtschaftlich erfolglos denunziert, als unwirtschaftlich in
ihrem Tun und Treiben erkannt &endash; und was so schnell
nicht abgeschafft werden kann und auf der Strecke bleibt,
muß verzweifelt und gegen die eigenen bisher
gültigen Prinzipien versuchen, in aller Eile den
Prozeß der Anpassung an das Geforderte zu vollziehen.
Nur
stromlinienförmig renovierte NGO's, die einen
Großteil ihres bisherigen Engagements als Luxus
abschreiben, das sie mit schwindendem Umfeld und sinkender
personaler Beteiligung auch gar nicht mehr erfüllen
können, dürfen eventuell für einige Zeit noch
überleben. Die NGO's als Lichtgestalten des Jahres 2000
dürften in ihrer traditionellen Verfassung das Jahr
2010 nicht mehr erreichen.
Die
wahren Helden und die neuen Nobelpreisträger werden
jene Designer des Genfood und Einrichter des globalen
Menschenparks werden, die sich solcher Rationalität
nicht verweigern. Der durchaus gut gemeinte Akt der
Verteilung von gentechnisch modulierten Reispatenten
verspricht die goldene Zukunft der wahren und wirkungsvollen
Bekämpfung des Hungers, - spottbillige
Bauernfängerei, als Entrée von Monsanto und
anderen Konzernen vor wenigen Tagen demonstrativ in Szene
gesetzt, wobei der folgende Artikel selber Auskunft
darüber gibt, wie sich jenseits dieser ersten
Verlockungsleistung die Lage bezüglich des Besitzes und
der Verfügung über die Patente darstellt.
Kein
Wunder, daß die letzte kritische Kritik an den
herrschenden totalisierten Verhältnissen im Krimi
stattfindet, wo ökologische Vergehen, Pharmapolitik und
politische Kriminalität von John Le Carè oder
Henning Mankell (Schweden, Mosambik) noch ausklingend
skandalisiert werden.
Von
den NGO's wird hingegen moralisch-öffentliche
Rechtfertigung kapitalistischer Biopolitik erwartet &endash;
ein Wunsch, der mit Sicherheit auch in Erfüllung gehen
dürfte. Mit ihrer noch verbleibenden, passageren Kritik
taugen sie gerade noch als Digestiv der gelegentlich
Unausgewogenheit der wirtschaftlichen, sozialen und globalen
Strukturierungskonzepte des Kapitals: sie vergehen als eine
Art von Einrichtung für betriebliche
Verbesserungsvorschläge.
Das
Problem des Hungers wird am Ende tatsächlich
gelöst werden, das der "Zivilbevökerung" aber
auch, das Brecht durch "Kalle und Ziffel" in den
"Flüchtlingsgesprächen" erörtert. Was der
demographischen und sozialen Entwicklung und den
Vorstellungen von Bevölkerungsplanung entgegensteht,
wird der Triage überantwortet, der Auslese oder dem
"Abschmelzen".
Was
vom kritischen Intellektuellen dann noch übrig
geblieben ist, wird als Animateur fungieren, um den
Ausgesperrten und für überflüssig Erkannten
den Goldenen Weg in Schattenwirtschaft und real life
economics anpreisen.
Emanzipation
Humanum,
Version 01. 2001 , Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt,
Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe
und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere
Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen
nach Absprache möglich.
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