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Nach SEATTLE kommt DAVOS usw.

 11. Januar 2000

Wie ihr sicher wisst, hat die Anti-WTO-Koordination Schweiz am 9. Dezember 1999 (!) ein Bewilligungsgesuch für eine Demonstration am 29. Januar 2000 gegen das World Economic in Davos eingereicht.

Dieses Gesuch wurde von den Behörden der Landschaft Davos und des Kantons Graubünden bis heute verschleppt. Inzwischen ist bekannt geworden, dass an eben diesem 29. Januar Bill Clinton für einige Stunden nach Davos kommen wird. Auf hartnäckiges Drängen unsererseits wurde auf heute morgen 11 Uhr ein Treffen zwischen der Anti-WTO-Koordination und den Verantwortlichen der Landschaft Davos angesetzt, um das weitere Vorgehen bezüglich der Demonstrationsbewilligung zu besprechen. Ein definitiver Entscheid wurde auf den späten Nachmittag in Aussicht gestellt.  

Um 16 Uhr wurde unserem Büro dann mitgeteilt, dass am 29. Januar keinerlei Demonstrationen oder Kundgebungen erlaubt werden. Gegen unseren ausdrücklichen Willen (die Mobilisierung auf den 29.1. um 15 Uhr ist bereits angelaufen!) werde aber eine Bewilligung für den 30. Januar erwogen. Schon letztes Jahr hatte das Verwaltungsgerichtes Chur die Landschaft Davos wegen dem generellen Demoverbot während des WEF 99 nachträglich gerügt. Der heutige Entscheid ist für uns nur ein weiteres Beispiel für die Privilegien, welche sich die 'Global Leaders' des WEF herausnehmen. Wir protestieren in aller Form gegen diesen Verstoss gegen das Recht auf freie Meinungsäusserung und fordern alle fortschrittlichen Kräfte auf, unseren Rekurs mit juristischen un medialen Mitteln zu unterstützen.

Anti-WTO-Gruppe Zürich


Bern, 11.1.2000

Medienmitteilung betreffend der Demonstration gegen das World Economic vom 29. 1. 2000 in Davos

Heute entschied der kleine Landrat in Davos, dass am Samstag, 29.Januar keine Demonstrationsbewilligung erteilt wird. Auf unser Angebot, nur eine Platzkundgebung durchzuführen, wollte die Landschaft Davos nicht eingehen! Uns wird nur eine Bewilligung für eine Demonstration am Sonntag, 30. 1. erteilt, was für uns aber unter keinen Umständen eine akzepable Lösung darstellt.

Bereits am 9. Dezember haben wir das Bewilligungsgesuch für eine Demonstration am 29. Januar 2000 bei der Landschaft Davos eingereicht. Wenn die Landschaft Davos uns erst heute mitteilt, dass an diesem Tag grundsätzlich keine Demonstration bewilligt wird, dann ist dies zu spät und ist nichts anderes als ein juristischer Trick, die Demonstration zu verbieten, ohne ein offizielles Demonstrationsverbot auszusprechen!

Gegen diesen skandalösen Entscheid, welcher das Recht auf freie Meinungsäusserung massiv einschränkt und einem Demonstrations-verbot gleichkommt, werden wir beim Verwaltungsgericht in Chur Einspruch erheben. Unsere Mobilisierung läuft seit anfang Januar auf Hochtouren und somit ist es für uns unmöglich, das Datum der Demonstration zu verschieben.

Für weitere Fragen stehen wir ihnen gerne unter der Telefonnummer ++41-31-306 69 52 zur Verfügung

Anti-WTO-Koordination


12.01.00

Nach Seattle jetzt Davos im Visier

Das Scheitern der WTO-Konferenz von Seattle ermuntert die Globalisierungsgegner, nun auch in Davos aktiv zu werden. Sie fordern eine Öffnung des Weltwirtschafts-s.

Von Iwan Städler, Bern

"Davos ist zu einer Hauptstadt der Globalisierung geworden", glaubt die Erklärung von Bern (EvB). Die Drittweltorganisation wirft dem Weltwirtschafts- vor, unter Ausschluss der Öffentlichkeit Politik zu machen.

Zeugungsort der WTO?

Wäre das Treffen nach wie vor ein "European Management ", als das es Klaus Schwab 1971 ins Leben rief, so hätte die EvB nichts daran auszusetzen. Im Verlauf der Jahre habe sich das aber auf die internationale Politik ausgedehnt und sei zu einem "kräftigen Motor des Globalisierungsprozesses" geworden, kritisiert Jolanda Piniel von der EvB.

1982 seien in Davos die ersten Pflöcke für die Uruguay-Runde eingeschlagen worden, aus der später die Welthandelsorganisation WTO hervorgegangen ist. Und 1990 sei der mexikanische Präsident Salinas de Gortari in Davos auf die Idee gekommen, mit den USA und Kanada das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta zu schaffen.

Neue Spielregeln gefordert

Die Betroffenen dieser Politik hätten in Davos jedoch keine Stimme, kritisiert Piniel. Die Zahl der Vertreterinnen und Vertreter von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) sei verschwindend klein. Und die Medien seien nur begrenzt zugelassen. "Durch die Intransparenz wird eine Politik begünstigt, die den Graben zwischen Arm und Reich vertieft, den demokratischen Spielraum schmälert und die Umwelt zerstört", moniert Piniel.

Die EvB startet nun zusammen mit Pro Natura und einigen ausländischen Organisationen ein Projekt namens "Public Eye on Davos". Es ist langfristig konzipiert und fordert neue Spielregeln für das . Entweder müsse es sich wieder auf Managementfragen beschränken oder zu einem offenen werden, in welchem auch Themen wie der Schuldenerlass für Drittweltländer und die soziale und ökologische Verträglichkeit des Welthandels diskutiert würden.

Die EvB und Pro Natura fühlen sich durch das Scheitern der WTO-Konferenz von Seattle und des Multilateralen Investitionsabkommens (MAI) gestärkt. Dies zeige, dass der "elitäre Ansatz" des Weltwirtschafts-s nicht mehr akzeptiert werde.

Mit Plakaten gegen die Elitären

Die beiden Organisationen planen während des s vom 27. Januar bis am 1. Februar diverse Aktivitäten - etwa ein öffentliches Podium zwischen NGO-Delegierten und Vertretern des Weltwirtschafts-s in Davos, eine weitere Diskussion im Volkshaus Zürich und eine Plakataktion.

Das , das über die Aktivitäten informiert worden ist, sieht kein Defizit an Öffentlichkeit. Die Journalistenzahl sei aus Platzgründen auf 500 beschränkt, erklärt eine Pressesprecherin. Im Übrigen hätten die EvB und Pro Natura zwanzig Personen vorgeschlagen, wovon nun fünf zum zugelassen worden seien. Die beiden Organisationen werten dies bereits als ersten Erfolg ihrer Aktion.

Demo verboten

Bern. - Die Anti-WTO-Koordination darf nicht wie beantragt am Samstag, 29. Januar, in Davos demonstrieren. An diesem Tag seien die Sicherheitskräfte bereits mit dem Besuch von US-Präsident Bill Clinton beschäftigt, erklärt der Bündner Polizeikommandant Markus Reinhardt. Stattdessen wurde den Demonstranten der darauf folgende Sonntag angeboten. Das lehnt die Anti-WTO-Koordination aber ab. "Wir haben seit längerem für Samstag mobilisiert", erklärt deren Sprecher Stefan Nägeli. Man lasse sich nicht austricksen.

Noch haben die Organisatoren nicht entschieden, ob sie illegal demonstrieren wollen. Im Internet rufen sie immer noch dazu auf, am 29. Januar "den Mythos des friedfertigen Geistes von Davos zu demaskieren". Polizeikommandant Reinhardt macht sich auf eine illegale Demonstration gefasst und will diese wie letztes Jahr verhindern. Mit Ausschreitungen im Ausmass von Seattle ist nicht zu rechnen. Die Anti-WTO-Koordination rechnet nur mit ein paar Hundert Personen.

Pro Natura und die Erklärung von Bern begrüssen die Demonstration, lehnen aber jegliche Form von Gewalt ab. (is.)

siehe auch:

http://www.egroups.com/group/infopool/709.html

http://www.comlink.de/graswurzel/245/wto.html

http://gib.squat.net/millenium/


Kleiner Landrat
Landschaft Davos
7270 Davos Platz

12. Januar 2000

Offener Brief an den Kleinen Landrat der Landschaft Davos

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die Anti-WTO-Koordination Schweiz hat am 9. Dezember 1999 ein Bewilligungsgesuch fur eine Demonstration am 29. Januar 2000 gegen das World Economic in Davos eingereicht. Mit der geplanten Demonstration soll gegen eine Wirtschaftlichkeitspolitik, die die Ungerechtigkeit zwischen Nord und Sud, Reich und Arm verstarkt und insbesondere die Situation der Frauen noch verschlechtert, protestiert werden.

Das Bewilligungsgesuch wurde von den Behorden der Landschaft Davos und des Kantons Graubunden lange verschleppt. Auf hartnackiges Drangen der Anti-WTO Koordination fand am 11. Januar ein Treffen zwischen zwei Vertretern der Anti-WTO-Koordination und den Verantwortlichen der Landschaft Davos sowie der Kantonspolizei Graubunden statt, um das weitere Vorgehen bezuglich der Demonstrationsbewilligung zu besprechen. An der Sitzung verkundeten die Behorden, dass fur den 29. Januar keine Demonstrationsbwilligung erteilt wird, weil Davos nicht vergleichbar mit einer Grosstadt sei und es wegen dem vielen Verkehr an einem Samstag nicht genug Platz fur einen Demonstrationszug gebe. Fur den Sonntag, 30. Januar ware die Gemeinde Davos jedoch bereit, eine Bewilligung zu erteilen.

Fur die Anti-WTO Koordination ist eine Verschiebung der Demonstration zu diesem spaten Zeitpunkt jedoch nicht mehr moglich; die Mobilisierung in der Schweiz und international lauft schon seit geraumer Zeit und es ist unmoglich allen Interessierten mitzuteilen, dass die Demonstration verschoben wird. Dies hat die Anti-WTO Koordination den Bundner Behorden an der Sitzung vom 11. Januar auch mitgeteilt und ihnen einen Kompromissvorschlag unterbreitet: Die Anti-WTO Koordination verzichtet am 29. Januar auf einen Demonstrationsumzug und begnugt sich stattdessen mit einer Platzkundgebung in Davos.

Einige Stunden spater wurde der Anti-WTO Koordination dann telefonisch mitgeteilt, dass am 29. Januar keinerlei Demonstrationen oder Kundgebungen erlaubt werden. «Angesichts des An- und Abreiseverkehrs am Samstag, den 29. Januar 2000, konnen wir Ihnen den gewunschten Termin nicht bewilligen.» wurde der Anti-WTO Koordination am 12. Dezember die Begrundung per Einschreiben nachgeliefert. Die Erklarung, wie eine Platzkundgebung den Verkehr behindern soll, bleibt der Kleine Landrat schuldig. Gegen den ausdrucklichen Willen der GesuchstellerInnen bewilligte der Kleine Landrat dafur eine Demonstration fur den 30. Januar.

Wir sind uberzeugt, dass dieser Entscheid mit der erst seit kurzem fur den 29. Januar geplanten Stippvisite am WEF des Prasidenten der USA, Bill Clinton, zusammenhangt. Obwohl es sich dabei um einen privaten Besuch an einem informellen Treffen handelt, benehmen sich die Davoser Behorden so, als gehe es um einen offiziellen Staatsakt (Freude herrscht!). Gleichzeitig wird in Davos mit massiver Polizeiprasenz und dem angekundigten Einsatz von Militar ein faktischer Ausnahmezustand hergestellt. Das Recht auf freie Meinungsausserung soll dafur auf den nachsten Tag verschoben werden.

Schon letztes Jahr hatte das Verwaltungsgerichtes Chur die Landschaft Davos wegen dem generellen Demoverbot wahrend des WEF 99 nachtraglich gerugt. Der Entscheid des Kleinen Landrates ist fur uns nur ein weiteres Beispiel fur die Privilegien, welche sich die 'Global Leaders' des WEF herausnehmen.

Wir protestieren in aller Form gegen diesen Verstoss gegen das Recht auf freie Meinungsausserung und unterstutzen den Rekurs der Anti-WTO Koordination gegen den Entscheid des Kleinen Landrates, die angekundigte Demonstration vom 29. Januar 2000 nicht zu bewilligen. Wir fordern die Davoser Behorden auf, am 29. Januar die Demonstration in Davos zu bewilligen.

Mit freundlichen Grussen

weiters auf englisch siehe auch (hier)

Anti-WTO Koordination, Postfach 7611, 3001 Bern (Switzerland)


Unbehagen in der Globalisierung

von Andreas Rockstein

Über das Scheitern der WTO-Ministerkonferenz und den internationalen Widerstand

 

Kläglich scheiterten die Verhandlungen der dritten Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Seattle, und dies war nicht einzig die Folge unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten führender WTO-Mitgliedstaaten, denn schließlich waren es die Proteste von immerhin rund 50 000 Menschen, die trotz massiven Polizeieinsatzes einen geregelten Tagesablauf verhinderten.

Ein Rückblick auf die gleichfalls gescheiterten Verhandlungen zu einem Multilateralen Investitionsabkommen (MAI) im Rahmen der OECD (vgl. Die Gazette Nr. 2, April 1998) mag uns einen Anhaltspunkt geben, wie es dazu kam:

Das MAI war gewissermaßen die Spitze des Eisberges, die das Faß zum Überlaufen brachte. Nachdem seit Ende der 80er Jahre internationale Abkommen und Institutionen in die Welt gesetzt worden waren, die die Grundlage der so genannten Globalisierung bildeten - sprich "freier" Handel von Waren, Dienstleistungen und Kapital, die bis dahin von der Öffentlichkeit kaum beachtet blieben - entstand in der trügerischen Gewißheit, es könne einfach so weitergehen, mit dem MAI ein Vertragswerk, in dem ganz unverblümt Regelungen festgeschrieben werden sollten, die es Großkonzernen erlaubt hätten, sich mit international rechtlicher Absicherung über alle demokratischen Grundsätze, über Menschenrechte und Umweltschutz hinwegzusetzen.

Während zuvor einzelne Interessenverbände meist unabhängig voneinander für ihre spezifischen Belange stritten, wurde es durch das MAI auf einmal klar, daß all die vielen Kämpfe - für den Erhalt der Umwelt, für bessere Arbeitsbedingungen, für einen besseren Verbraucherschutz und wie auch immer - letztlich sinnlos sind, solange nicht die maßgebliche Kraft, die alledem entgegenwirkt, ins Visier genommen wird.

Im Oktober 1998, als die letzte Verhandlungsrunde des MAI stattfand, versammelte sich in Paris vor dem OECD-Gebäude eine überschaubare Gruppe von Menschen (allerdings mit internationaler Beteiligung), und während drinnen gestammelt wurde, daß naja, und so, war die Botschaft draußen klar: kein MAI und auch keine neuen Klone des MAI, weder in der WTO, noch in jedweder anderen internationalen Wirtschafts- oder Finanz-Institution.

Szenenwechsel: 5 Monate zuvor, Mai 98: Die (zweite) Ministerkonferenz der WTO in Genf. Im Vergleich zu Seattle waren längst nicht so viele DemonstrantInnen angereist. Drei Monate zuvor hatte sich ein Netzwerk gegründet unter der Bezeichnung "Peoples Global Action" (PGA), um gegen die WTO zu mobilisieren, getragen von Basisgruppen aus aller Welt, u.a. aus Ländern der so genannten Dritten Welt, mit der Folge, daß gerade aus jenen Ländern eine verhältnismäßig große Zahl von Menschen kam. Das Unbehagen der Ordnungsmächte war allerdings so groß, daß sie sich veranlaßt fühlten, in PGA eine "terroristische Vereinigung" zu sehen, um "Rädelsführer" zu "enttarnen", und Menschen, die sich an den Protesten beteiligt hatten, strafrechtlich zu verfolgen. In Seattle wäre diese Vorstellung absurd gewesen, angesichts der Massen von Menschen, die, durch unterschiedlichste Zusammenhänge motiviert, aus aller Welt angereist kamen. Hatten es die Massenmedien doch schon recht schwer damit, die DemonstrantInnen als potentielle Gewalttäter darzustellen, angesichts der Bilder, die überwiegend massive Gewalt zeigten, die von der Polizei ausging.

Die Breite der WTO-Gegnerschaft - mobilisiert in gleicher Weise über PGA wie durch das internationale Netzwerk von Nicht-Regierungs-Organisationen, die jeweils als die Ausgangspunkte für den internationalen Widerstand gegen WTO und Globalisierung angesehen werden können - war schlicht überwältigend: Umwelt und Verbraucherverbände, Gewerkschaften, StudentInnenschaften, Landwirte und AnarchistInnen, aus allen Teilen der USA, aus ganz Amerika, aus der ganzen Welt kamen sie angereist, um den größten Menschenauflauf in den Staaten seit Vietnam und Woodstock zustandezubringen.

Was aber sind die Gründe, daß so viele Menschen gegen die WTO protestierten, was ist an der Welthandelsorganisation, das so viel Unmut provoziert? Die WTO ist eine verhältnismäßig junge Organisation. Sie wurde 1995 als Folge der letzten GATT-Verhandlungsrunde (auch "Uruguay-Runde" genannt) gegründet. Das GATT, also das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen besteht bereits seit Ende des zweiten Weltkriegs und diente dem Abbau von Handelsbarrieren für Industriegüter. Mit der Uruguay-Runde und der Gründung der WTO war ein Quantensprung erreicht. Damit erlangte das GATT auch Geltung für den Agrar- und Dienstleistungsbereich, für so genannte "handelsbezogene Investitionsmaßnahmen" wie auch für den Handel mit geistigen Eigentumsrechten. Außerdem erhielt die WTO eine Schiedsgerichtsbarkeit mit internationaler Geltung.

Die Folgen offenbarten sich, als die WTO rechtsverbindlich und vorerst unwiderrufbar in die Welt gesetzt war. In sich durch und durch intransparent und undemokratisch entpuppte sich die WTO als das geeignete Instrument zur Durchsetzung der Interessen multinationaler Großkonzerne. Umweltschutz- und Menschenrechtsauflagen konnten von nun an als "Handelshemmnisse" angesehen werden und im Rahmen der WTO-Schiedsgerichtsbarkeit "erfolgreich" abgewendet werden.

Was von den GegnerInnen des MAI als drohende Gefahr für Mensch, Umwelt und Demokratie angeprangert wurde ist also mit der WTO längst grausame Realität.

"Abbau von Handelshemmnissen", "Marktliberalisierung" oder wie auch immer positiv klingend benannt, all diese Maßnahmen haben nur zu einem noch hemmungsloseren Raubbau an Ressourcen und zu einer noch gnadenloseren Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft geführt.

In Seattle hätte nun, bevor überhaupt eine umfassende Bestandsaufnahme, eine Evaluation der Folgen der bisher bestehenden GATT/ WTO-Abkommen stattfand, wie es von vielen Verbänden gefordert wurde ("turn around the round"), im Rahmen einer sogenannten "Millennium Round" eine noch umfassendere Ausweitung des WTO-Mandats beschlossen werden sollen, womit Bereiche wie Bildung, Gesundheitswesen, Umweltschutz, Fischerei, Forstwirtschaft und anderes mehr der bestehenden WTO-Reglementierung hätten unterworfen werden sollen -- die Folgen sind kaum auszumalen.

Außerdem war eine Ausweitung der bestehenden Abkommen geplant, so des Landwirtschafts-Abkommens, des Abkommens über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen -- was, entgegen aller Beteuerungen, das MAI sei ein für allemal gestorben, der schleichenden Einführung desselben in der WTO gleichgekommen wäre -- , des Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen sowie des Abkommens über handelsbezogene geistige Eigentumsrechte (hier sei zu bemerken, daß geistige Eigentumsrechte auf Gene, wie sie bislang nur für pflanzliche Gene galten, nun auch auf tierische und menschliche Gene hätten ausgeweitet werden sollen). Über letzteres wird bereits heute "Biopiraterie" betrieben, d.h., daß etwa ein Pharmakonzern sich die alleinigen Rechte an einer Heilpflanze sichert.

Daß die Verhandlungen in Seattle gescheitert sind, daß es erst einmal keine "Millennium Round" geben wird, ist, wie das Scheitern der MAI-Verhandlungen, ein Grund zum Feiern, obschon nicht zu Unrecht etwa AktivistInnen von "Public Citizens", einer maßgeblich an beiden Kampagnen beteiligten Nicht-Regierungs-Organisation damals gesagt hatten - was auch jetzt noch gilt -, daß wir den Champagner erst mal im Kühlschrank lassen sollten.

Es stellt sich die Frage, wie es weiter geht. Bereits jetzt gibt es Anzeichen dafür, daß, wieder zur "Tagesordnung" übergegangen, innerhalb der WTO Punkt für Punkt all jene in Seattle geplatzten Vorhaben nun "im stillen Kämmerlein" weiterverhandelt werden. So ging die WTO seit ihres Bestehens vor, und so mag uns letztendlich eine "Millennium Round" auch ohne "Millennium Round" präsentiert werden, d.h., ohne grosse Konferenzen und Zusammentreffen, die im Lichte der Öffentlichkeit stünden.

Es geht freilich weiter mit "Marktliberalisierung", mit der "Liberalisierung" etwa im Telekommunikationsbereich (feindliche Übernahmen und Dumping-Preis-Kriege sind an der Tagesordnung), im Strommarkt (Billigst-Anbieter aus dem Ausland -- woher mag der Strom wohl kommen? -- aus Tschernobyl? -- ganz recht!), in der Wasserversorgung (Gemeinden aus der bekanntlich wasserreichen Eifel beklagen sich über Wassermangel, weil das vorhandene Grundwasser gewinnbringend nach Benelux abgeführt wird) und in vielen anderen Bereichen mehr -- wann wird, ist hier die Frage, die Luft privatisiert, die wir atmen?

Andererseits hat Seattle uns nichtsdestotrotz etwas gezeigt (und darin mögen uns die AmerikanerInnen vielleicht voraus sein): Der Widerstand gegen derartige Vorhaben ist in die Breite gegangen, das Unbehagen angesichts Globalisierung, Markt-"Liberalisierung" und Standortlogik hat sich artikuliert.

Die Erkenntnis, daß wir es hier nicht mit einem unumgänglichen Naturgesetz zu tun haben, gemäß dem wir uns dem "Wettbewerb auf dem globalen Markt" zu stellen hätten, sondern daß dies eine von "unseren" Regierungen gezielt herbeigeführte Politik ist, bietet den Menschen eine Chance. Daß es nicht dieser - verlogenen - Politik bedarf, die allein den Interessen transnationaler Konzerne dient, und die heuchlerisch feilgeboten wird als "Anreize für die 'Wirtschaft' schaffen, ohne die es keine neuen Arbeitsplätze gibt", sondern einer Politik, die wahrhaft das Wohlergehen des Menschen und seiner Umwelt im Auge hat - diese Einsicht hat in Seattle Tausende und Abertausende beflügelt, sich gegen die Ministerkonferenz der WTO zu erheben.

Nicht-Regierungs-Organisationen, geschärft durch die internationale Kampagne gegen das MAI, haben erkannt, daß Widerstand nur durch eine massive öffentliche Aufklärungsarbeit Erfolg haben kann. Menschen im Kampf gegen Unterdrückung und Ausbeutung in der Dritten Welt haben - nicht zuletzt über das Netzwerk von "Peoples Global Action" - durchschaut, daß der Angriffspunkt ihres Aufbegehrens nicht allein die jeweiligen nationalen Regierungen sind, sondern in erster Linie die internationale Wirtschaftspolitik, die die katastrophalen Zustände in ihren Ländern verursacht hat.

Seattle - das war in diesem Sinne erst der Anfang. Während in Genf der Widerstand aufgrund der Ausschreitungen auf der Straße noch als kriminelle Aktion irgendwelcher "gewaltbereiter Autonomer" abgetan werden konnte (ein Affront gegenüber der Mehrheit der gewaltlosen DemonstrantInnen), lag in Seattle die Sympathie eindeutig auf Seiten der durch Tränengas und Gummigeschosse malträtierten DemonstrantInnen.

Doch sollten wir uns hüten vor der Gegenoffensive der WTO, die verstärkt versuchen wird, den Widerstand zu spalten, indem Dialogbereitschaft geheuchelt wird, wobei nur "vertrauenswürdige VertreterInnen der Zivilgesellschaft" zu Gesprächen eingeladen werden. Auch sollten wir wachsam das Verhalten mancher Nicht-Regierungs-Organisationen im Auge behalten, die mit dem Anspruch auftreten, den Widerstand gegen die WTO zu repräsentieren, sich jedoch zugleich regierungsfreundlich geben und dabei nur ihre spezifischen Eigeninteressen im Blickfeld haben.

Diejenigen, die die WTO ins Leben gerufen haben, werden alles daran setzen, diese Institution zu erhalten und ihre Macht zu sätrken. Aber der Widerstand wächst und auch die Erkenntnis, daß es um mehr geht als um irgendwelche Handelsabkommen, daß eine Umkehrung des bestehenden Wirtschaftssystems notwendig ist, um den Menschen und der Natur wieder zu ihrem Recht zu verhelfen.

Die Gazette, Nr. 22, Februar 2000 , http://www.gazette.de/WTO-Special.htm


Die IWF/Weltbank-Jahresversammlung vom 26.-28. September 2000 in Prag/Tschechische Republik in Frage stellen

aus PGA Bulletin no. 5

Der September 2000 wartet mit einem Treffen von Tausenden von Bankiers, SpekulantInnen und MinisterInnen aus aller Welt für die Jahresversammlung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank auf. Die Vorverlagerung der Jahresversammlung in den geopolitischen Raum Osteuropas ist nicht nur den Bemühungen der tschechischen Regierung zu verdanken, Gastgeberin der Veranstaltung zu werden, sondern dient auch dazu, den "erfolgreichen" Ostplan des Fonds und der Bank vorzuführen. Es ist ausgesprochen wichtig, die "ökonomischen statistischen Berichte" für diese Region wieder aufzuschlagen und die Beweise für die instabilen östlichen und südlichen Ökonomien und die zerstörerischen Praktiken auf den Tisch zu legen, welche der Fonds und die Bank auf Leute und Umwelt anwenden. Die wirtschaftliche und politische Lage in den Ländern, die der "Unterstützung" durch den IWF und die Weltbank unterliegen zeigt eine Verschlechterung. Es gibt keine Beweise für Prosperität und die Demokratisierung von Regierungen. Was anstelle dessen wächst ist die Arbeitslosigkeit, Krankheiten, Hungersnot und militärische Unterdrückung. Der Anlass, sich gegen diese Veranstaltung zu wenden, ergibt sich aus der Notwendigkeit, offen und kritisch die Frage der durch IWF- und Weltbankpolitik erhöhte Armut aufzuwerfen. Die Wiederaneignung der Veranstaltung an sich wird weder den Anfang noch den Schluss darstellen, sondern lediglich ein Zusammentreffen verschiedener Strukturen aus Mittel- und Osteuropa. Es geht uns nicht darum, in irgendeiner nationalistischen Weise gegen die Verlagerung des Treffens hierher nach Osteuropa zu agitieren, sondern wir widersprechen überhaupt dieser Art von Treffen und der Zukunft, die darin zusammengeschmiedet wird. Darüber hinaus ist es notwendig, dass sich Graswurzeln-Bewegungen im Rahmen einer internationalen und langfristigen Kampagne auf internationale Finanzinstitutionen konzentrieren. Die Versammlung des IWF und der Weltbank in Prag ist dabei nur die erste Gelegenheit für den Startschuss, die es nicht zu verpassen gilt! Wir reisen immer wieder an internationale Gegenveranstaltungen in Westeuropa, und nun steht uns eine ins Haus und es bleibt uns nur, darauf zu antworten. Wir müssen alle gemeinsam antworten! Wir können uns nun treffen, wir können Strassenparties und Demonstrationen veranstalten und vielleicht erschöpfen sich bei nächster Gelegenheit unsere Möglichkeiten im Verlaufe irgendwelcher zukünftiger neuen Verhandlungen über Handel, welche zu einem Kollaps dessen führt, was sich als neuen neoliberalen demokratischen Staat ausgibt. Wenn du denkst, dass du und deine Gruppe sich gern an diesem langfristigen Projekt beteiligen möchte, schickt her die e-mails, Berichte, News und Veröffentlichungen über Themen wie Transnationale Konzerne (TNK), die WTO, die Weltbank, das IWF, die EBRD und andere Institutionen dieser Art. Leute wie wir haben noch nie solche internationale Veranstaltungen organisiert, was kaum erstaunen dürfte angesichts der politischen Lage in Mittel- und Osteuropa, die keine Möglichkeit bot, die Strassen zu demokratisieren, Leute wurden (und werden heute noch) für das geringste anti-staatliche Stück Papier ins Gefängnis gesteckt. Was noch wichtiger sein kann ist die Tatsache einer Zusammenarbeit. Dieser e-mail-Verteiler ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer wichtigen Kampagne, eine dezentralisierte radikale Plattform für östliche Bewegungen, die beitragen wollen zum weltweiten Kampf gegen die Macht der Konzerne.

Kontakt (cf N30 Prague) <zemepredevsim@ecn.cz> or vanja bucan<vanjabrik@hotmail.com>

weitere infos zu Prag hier

aktuelle (1.03) Links:

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:: > http://www.indymedia.ch

:: > http://www.indymedia.de

:: > http://at.indymedia.org

:: > http://www.aufbau.org

:: > http://www.vorwaerts.ch

:: > http://www.davos.ch

:: > http://www.we.com


Emanzipation Humanum, Version 7. 2000, Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich.


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