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Das gesellschaftliche "Abwehr"-System

Unser Weltbild entscheidet über die Zukunft

von Wolfgang Fischer

(pdf.Druckversion)

Die Aufgaben des Immunsystems biologischer Organismen liegen zum einen

1. im Erkennen von Gefahren und deren Eindämmen,

zum andern

2. im Abwehren von Schäden

und schließlich

3. im Erhalt der Integrität des Organismus

- also alles in allem im Erhalt dessen, was wir allgemein unter Gesundheit verstehen. Gesundheit ist hier nicht als Zustand definiert, sondern als immerwährender Prozeß, der entweder gefördert oder empfindlich gestört werden kann.

Ein Teil des körperlichen Immunsystems hat über den langen Prozeß der Evolution gelernt, Fremdes von Eigenem bzw. Förderliches von Störendem zu unterscheiden. Es setzt diesen Lernprozeß im individuellen Leben fort. Aus Erfahrung „weiß" es, was eine Gefahr oder Bedrohung darstellt und es versucht, dieses Wissen vorbehaltlos laufend aktuell zu halten, um adäquat und flexibel reagieren zu können und so die individuelle Gesundheit vor Schädigungen zu bewahren.

Die Weiterentwicklung des Primatengehirns hat nun beim Menschen ein geistiges, im Vergleich zur Tierwelt „freies und neues" Potential geschaffen, das es notwendig macht, zum Schutz vor destruktiven und asozialen Gedankenwelten auch für den Bereich der Ideen und Weltbilder eine Art von Immunsystem zu entwickeln. Und so, wie die Lernprozesse der körperlichen Abwehr auf den Erfahrungen der Evolution basieren, ist für ein mentales Abwehrsystem die Erfahrung der Menschheitsgeschichte grundlegend.

Wollen wir aus der Geschichte lernen, so kommen wir nicht umhin, den Realitäten ins Auge zu schauen. Dabei verabschieden wir uns von ideologisch eingefärbten Fehlsichten. Das Erkennen der Gefahren stellt für das Immunsystem des Individuums die Voraussetzung für ihre Abwehr dar. Gleiches gilt für den erfolgreichen Erhalt der Integrität der Menschheit.

Das mentale Immunsystem entwickelt sich dort ungestört, wo rationale und körperliche Erfahrung miteinander verbunden bleiben. In Naturvölkern laufen Wissenserwerb und Lebenserfahrung parallel. Trancetechniken, ob durch Drogen induziert oder durch Atemübungen, Tanz oder Meditation, sorgen immer für ganzheitliches Erleben. Ratio und Empfindung sind gleichwertig miteinander verbunden, die Voraussetzungen für körperliche und geistige Gesundheit bleiben bewahrt.

In unserer modernen Gesellschaft, die sich als Zivilisation gegenüber allem Naturgebundenen abzuheben versucht, ist ein Ungleichgewicht entstanden: die Ratio ist gegenüber der Empfindung überbewertet, Gefühle und Empfindungen sind negativ besetzt, gelten als ‚weibisch'oder schwächlich. Historisch betrachtet begann diese Entwicklung - folgen wir der Saharasia-These von James DeMeo - vor etwa 4000 Jahren, als drastische Klimaveränderungen von Afrika bis Asien friedlich lebende Gesellschaften zu neuen Formen des Zusammenlebens zwangen. Ob es tätsächlich diese Veränderungen waren oder aber auch andere Umstände, die zu einem Überbewerten der Ratio gegenüber der Empfindung führten, wissen wir letztlich nicht. Jedenfalls brachte die Vormachtstellung der Ratio gegenüber der Empfindung wachsende intellektuelle Fähigkeiten hervor. Diese verselbstständigten sich im Laufe der Zeit jedoch und verloren ihren Bezug zu den fundamentalen Lebensnotwendigkeiten. Dieser Verlust ist nichts anderes als der Verlust unserer eigentlichen und natürlichen Religion. Eine Zunahme der Aggressivität bis hin zur offenen und bewußten Destruktion der Natur wurde nur möglich durch ein letztendlich systematisches Ausschalten der sensiblen Achtung und Ehrfurcht vor dem Leben durch die Kaltherzigkeit des menschlichen Intellekts.

Mit diesem Empfindungsverlust ist ein natürliches Regulativ verloren gegangen, so daß das Ungleichgewicht sich bis ins krankhaft Destruktive verstärkt: der individuelle Schmerz wird negiert, der soziale Schmerz wird aus der Realität ausgeblendet. Das Sterben der Artenvielfalt, die zunehmende Ungenießbarkeit von Wasser, Luft und Nahrungsmitteln samt der daraus resultierenden Krankheiten - all diese natürlichen Regulative in unserer Existenz werden rationalisiert und bleiben dem Mit-Gefühl unzugänglich. Damit verfehlen sie ihre eigentliche Aufgabe, uns aufzurütteln und zur Änderung einer alles verbrauchenden Lebensweise anzuhalten. Die innere Kraft der Empfindung, die uns aufwecken und bewegen könnte, ist abgetötet und kaltgestellt. Schmerz und Freude als wichtige „Leitplanken des Lebens" bleiben unbeachtet. Der Quell lebensbereichernder Intuitionen erstickt unter einem nur noch (be)rechnenden Verstand.

So wie der Schmerz als Regulativ von schädlichem Handeln abhalten möchte, so will die Empfindung von Freude und Glück richtiges (=evolutionär vorteilhaftes) Handeln belohnen. Schmerz und Freude wollen den Menschen auf einem sicheren Weg leiten. Ihre Fehlbarkeit liegt allein darin, daß sie möglicherweise nicht beachtet werden, weil wir auf anderweitige, rational-intellektuell begründete Interessen konzentriert sind. Damit lösen wir uns von der Realität des Augenblicks der Empfindung und geben uns einer Orientierungslosigkeit im Raum der Beliebigkeit preis, die der Illusion den Weg bereitet. Die Illusionen ‚zivilisierter' menschlicher Gesellschaften stellen insofern einen Realitätsverlust dar, als dass die Verflochtenheit allen Lebens und die daraus resultierende Notwendigkeit eines globalen Miteinanders nicht mehr oder zu wenig wahrgenommen und berücksichtigt werden. Hierdurch wird ein sinnvolles Reagieren und Handeln zunehmend erschwert.

Illusionen als Visionen, die zu Realitätsverlust führen - wodurch werden sie begünstigt?

Unsere Neugeborenen sind im Vergleich zu denen anderer Arten am wenigsten ohne Hilfe überlebensfähig und am längsten auf einen nachgeburtlichen Lernprozeß angewiesen. Das angeborene genetische Programm reicht beim Menschen im Gegensatz zu den meisten Tierarten nicht aus, um ein Überleben zu sichern. Und Kultur hat es noch nicht gechafft, das soziale Gewissen im Sinne eines globalen Überlebens zu schärfen.

In der Tierwelt sorgen genetische Programme für ein Überleben des Individuums und sichern damit auch den sozialen Zusammenhang. Der Mensch hingegen wird in ein „mentales Vakuum" hineingeboren. Sein Großhirn muß sich über einen Lernprozeß erst mit Vorstellungen und Bildern der Realität füllen. Damit Realität und Vorstellung übereinstimmen und ein illusionäres Verkennen vermieden wird, ist ein freies Lernen notwendig, ein Erfahren-Können ohne dogmatische Einengungen oder gar Verbote. Allein ein solchermaßen freier Erfahrungsprozeß garantiert eine sinnvolle geistig-kulturelle Entwicklung.

Der Zwang zum Glauben an vorgefaßte Bilder hingegen verhindert die authentische Abbildung der Realität in unseren Gehirnen, Vorstellungen und Träumen. Er führt durch Verzerrung bei der Wahrnehmung zum Verlust an Wahrhaftigkeit und damit zwangsläufig in die Illusion, die sich bis zum Wahnsinn steigern kann.

Und da auch die Realität einem fortlaufenden Wandlungsprozeß unterworfen ist, verstärkt sich das Ausmaß der illusionären Verkennung, je mehr die mentalen Bilder und Vorstellungen dogmatisch zementiert werden, also unveränderbar bleiben sollen.

Hier zeigt sich, daß weiterführende politische Ansätze sich der Frage nach dem Weltbild, insbesondere nach der Religion stellen müssen, da es deren geistigen Potentiale sind, die letztendlich die gesellschaftliche Realität - im Irrsinn wie im Gesunden - prägen.

Im christlichen Bereich führt die Vorstellung eines Gottes, der nur den Fleißigen und Reichen liebt, zur rücksichtslosen Ausbeutung der lebendigen wie der toten Ressourcen unseres Planeten. Die Vorstellung von einem erlösenden Messias bindet Selbstheilungsenergien in lähmendem Fatalismus. Die Vorstellung von einem Gott, der ein auserwähltes Volk bevorzugt, verhindert selbst nach der Erfahrung des Holocaust einen Lernprozeß zur toleranten Friedfertigkeit und gleichberechtigten Kooperation mit Menschen, die ihrer Heimat beraubt sind. Die Vorstellung von einem Gott, der mit Feuer und Schwert für seine Ideen kämpft, begünstigt den Wahnsinn des Heiligen Krieges. Die Vorstellung von einem männlichen Gott wird zur Benachteiligung der Frauen eingesetzt. Die Vorstellung von einem Gott außerhalb unserer individuellen Existenz beraubt uns unserer eigenen Verantwortung. Die mechanische Karma-Vorstellung begünstigt den Erhalt des status quo: die Niedrigen haben es sich selbst verdient, die Oberen sonnen sich in Selbstgerechtigkeit! Die Vorstellungen von Reinkarnation, von Wiedergeburten, überbewerten ein individuelles ICH zu ungunsten einer ‚transpersonalen Realität', der Verbundenheit allen Seins. Die Vorstellung, getrennt von der Natur zu existieren und über diese herrschen zu wollen, pervertiert den Selbsterhaltungstrieb zu empfindungs- und gnadenloser Machtsucht.

Wenn wir Gott zunächst beiseite lassen und unsere menschliche Existenz in ihren natürlichen Bedingtheiten in den Mittelpunkt unseres Denkens und Forschens stellen, können wir lernen, uns selbst gerecht zu werden, unsere Lebensbedingungen zu fördern und unsere Zukunft zu gewährleisten.

Nehmen wir die überall im Kosmos gültigen und wirkenden Naturgesetze und grübeln wir an dieser Stelle nicht weiter über ihr Entstehen nach. Konzentrieren wir uns auf das Leben, von dem die Physiker uns sagen, daß es seine Existenz auf diesem Planeten allein der Lichtenergie der Sonne und deren Ordnungsvermögen verdankt. Bis zur Entstehung des Menschen hat diese Ordnungskraft - der Entropie trotzend - ein Kontinuum fein aufeinander abgestimmter Gleichgewichtsprozesse entfaltet. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß sie insgesamt ihre zugrundeliegende Potentialität fördern. Dadurch entsteht eine Entwicklung vom Einfachen zum hochkomplex Vielfachen, die ihre Richtung und Justierung (=Gerechtigkeit) durch Rückkoppelungsprozesse (=Religion) bewahrt.

Mit dem Menschen ist quasi eine neue Waage im Natur-Geschehen entstanden, die noch immer ihre Gleichgewichtsfindung nicht voll als Aufgabe und Voraussetzung ihrer weiteren Existenz begriffen hat: menschliche Vorstellungen, die sich im Laufe der Geschichte herauskristallisiert haben, siedeln noch mehrheitlich in Bereichen, denen die Zusammenhänge der Biosphäre verborgen geblieben sind. Ja, viele werden nach wie vor dazu benutzt, diese Zusammenhänge zu zerstören. Damit greift die ‚zivilisierte' Menschheit ihre eigene Existenzgrundlage an: ein Verhalten, das in letzter Konsequenz als ‚geisteskrank' bezeichnet werden kann. Die aufgezählten Beispiele religiöser und anderer Fehlvorstellungen haben gemein, daß ihnen allen eine ganzheitliche Zielrichtung fehlt und sie daher, im Hinblick auf die tatsächlichen Gegebenheiten, destruktiv sind.

Ein vereinfachendes und verfälschendes Bild der realen Verhältnisse entsteht auch, wenn wir der Rationalität, wie allgemein üblich, die Irrationalität gegenüber stellen und dadurch die empfindsame und gefühlsmäßige Komponente unseres Daseins unberücksichtigt lassen. Denn rationales Handeln allein heißt noch lange nicht, in einem übergeordneten und ganzheitlichen Sinne richtig zu handeln. Irrationalität zeigt sich überall dort, wo sich rationale Unwahrhaftigkeit mit Unstimmigkeit auf der Gefühlsebene kombiniert. Wohingegen rationale Wahrhaftigkeit und empfindungsmäßige Stimmigkeit zu ‚emotionaler Intelligenz' führen. Der auf emotionalen und/oder mentalen Defiziten begründeten Irrationalität steht die emotionale Intelligenz humaner Reife gegenüber.

Solidarität mit dem Leben erst beweist menschliche Reife.

Durch Aktivieren und Nutzen aller rationalen wie sensiblen Potentiale können wir den Zusammenhang der übergeordneten Naturgesetze begreifen und akzeptieren lernen. Und wir müssen lernen, sie zu befolgen, denn sie sind unsere tatsächlichen Wurzeln und sichern unser Überleben.

Allerdings muß sich unser Blickwinkel dabei global weiten. Wenn er auf elitäre Interessen beschränkt bleibt, verletzen wir den Zusammenhang, die Ganzheit und Gesundheit der Natur und verpassen unser Heil.

Die Menschheitsgeschichte ist gekennzeichnet von Beispielen dafür, wie im Dienste elitärer Minderheiten „Teil"-Erkenntnisse als Instrument gegen andere eingesetzt werden. Ein solches ausbeuterisches Verhalten erzeugt heute mehr als nur ein begrenztes Dilemma: es türmt globale Bedrohungen vor uns auf. Und es kann nur durch offene Wahrnehmung überwunden werden. Allein die exakte Kenntnis der globalen Lebensgesetze kann sich in ganzheitlichen ethischen Werten einer wahrhaft menschlich gewordenen Kultur niederschlagen. Eine solche Kultur erkennt nicht nur Klitorisbeschneidung oder Kannibalismus als widernatürlich, sondern ebenso auch Kolonialismus, Neo-Liberalismus und alle anderen pseudoreligiös-ideologisch-ethischen Vorstellungen, die gemessen am globalen Überleben allesamt kontraproduktiv sind. Eine solche Wahrnehmung ist die Basis eines globalen Humanismus, der sich seines Eingebettetseins in die Bedingungen des Lebens und Überlebens voll bewußt ist und der sein Handeln dementsprechend im Sinne aller Beteiligten verantwortet.

Hier, so denke ich, muß die politische Vision ansetzen, will sie die gesellschaftliche Entwicklung in Richtung einer weltumfassenden Solidarität unterstützen. Politische Programme sind nur dann sozial förderlich, wenn sie der Lebensrealität und deren Herausforderungen gerecht werden. Religionen sind nur dann kultur-bildend, wenn sie den Menschen wahrhafte, nachvollziehbare und weiterführende Antworten auf ihre Fragen bieten. Emanzipation/Befreiung und ein gesundes Weiterentwickeln setzen geistige Beweglichkeit und Lernbereitschaft voraus.

Dogmatismus behindert das geistige Wachstum

Althergebrachte, fundamentalistische und dogmatische Antworten bergen die große Gefahr, im Laufe der Zeit rational unwahr zu werden, wie die Irrationalität der Metaphysik. Wenn für den christlichen Bereich überliefert ist, ‚wir sollten wieder so wie die Kinder werden', dann zielt das auf deren geistige Freiheit, auf deren kindlich großes Vorstellungsvermögen, auf deren Fähigkeit zu staunen und zu glauben. Wir sollten unsere inneren Visionen wieder wahr-nehmen können und ihnen Glauben schenken. Visionen sind kulturübergreifend ähnliche Blicke auf die Zukunft. Sie sind genährt von der Hoffnung der Menschenseele auf Solidarität unter den Menschen und mit der Natur. Wenn wir unseren tiefverwurzelten Visionen und Hoffnungen von Frieden und Geborgenheit wirklichen Glauben schenken, dann gewinnen wir die Chance zurück, sie auch zu verwirklichen.

Es ist genau dieser, von vorgefaßten Vorstellungen freie und unverdorbene Glaube an uns und unsere inneren Potentiale, der von den religiösen Institutionen der Welt mißbraucht wird. Religiöse wie auch politische Bevormundung vergewaltigen das ‚Göttliche' im Menschen und überall und bringen mit dem Zwang zum Glauben an vorgefertigte fixe Ideen den Unmenschen hervor, das 'eigentlich Böse'. Erzwungenes Unterwerfen sichert mit der gewalt-süchtigen Machtausübung den Fortbestand der Zwietracht.

„Kindlicher Glauben" ermutigt, stärkt die eigene Meinung und führt zu wachsender Bereitschaft, sich aktiv in Fragen von öffentlichem Belang einzumischen. Das wird heute immer notwendiger, da die politischen Parteien nur noch vorgeben, sich um das Allgemeinwohl zu bemühen. Sie haben längst solidaritätsfördernde Visionen aus ihrem Blickfeld verloren. Sie haben sich selbstgefällig dem Diktat des Finanzkapitals unterworfen und versuchen, diese Unterwerfung in globaler Dimension als ‚alternativlos weil naturgesetzlich' hinzustellen. Sie werden weiter in dem Maße an Glaubwürdigkeit verlieren wie die einseitige ‚neo-liberale' Interessenpolitik mit ihrem selbstgewählt eingeschränkten Horizont in spiritueller Fehlorientierung die gesellschaftliche Misere weiter in die Verelendung treibt.

Mit dem Hunger der Menschen nach Antworten auf ihre sozialen Probleme und Fragen wächst freilich auch die Gefahr verantwortungsloser Antworten. Um die Gesellschaft gegen diese Gefahr zu immunisieren, gilt es Visionen zu fördern, die Zusammenhänge und Hintergründe deutlich werden lassen. Eine kritische Meinungsbildung im Sinne meiner obigen Ausführungen könnte zu einem effektiven gesellschaftlichen Abwehrsystem gegen Mensch gemachte Lebensgefährdungen heranreifen. Meine Hoffnung ist, daß es noch genügend viele Intellektuelle gibt, die sich aufgrund ihrer mentalen Flexibilität und emotionalen Empathie als Vermittler der Botschaft eignen: Alles Leben stammt aus der gleichen Quelle, und allgemeine Kooperation ist die Basis einer gesunden Zukunft. Eine kooperative Konkurrenz dient durch Optimieren der gesellschaftlichen Normen der Realisierung des neu gesteckten Ziels einer nachhaltigen Welt-Gesellschaft. Diese ist mit dem Paradies der Religionen identisch.

Aufbauend auf den Naturgesetzen und den Erfordernissen ökosozialer Gesundheit zeichnet die hier dargestellte Vision das Bild einer Gegenwart, derer der Mensch sich nicht mehr schämen muß. Dafür ist freilich nicht nur ein verändertes Bewußtsein entscheidend, sondern auch ein dementsprechendes Handeln.

Die Vision vom weltumfassenden Frieden, die Verbundenheit allen Seins

Das Fundament sittlichen Handelns ist die Erkenntnis der Wirklichkeit als menschliche Voraussetzung für eine blühende Zukunft. Ein anderes Wort für ‚Erkenntnis der Wirklichkeit' ist Mystik. Leider ist Mystik ein noch kaum verbreitetes und allgemein akzeptiertes Thema unter jenen Menschen in den Schaltzentren der Macht, die versuchen, die Zukunft planen. Für viele Naturvölker mit ihrem mündlich überlieferten traditionellen Wissen und für Menschen mit der Fähigkeit zu Mitgefühl war Mystik jedoch noch nie etwas Fremdartiges. Leider übersieht das wissenschaftliche Weltbild noch immer die Möglichkeiten und den Wert einer „inneren Wahrnehmung" und läßt folglich grundlegende Zusammenhänge außer Acht. Von daher rührt eine Respektlosigkeit vor der Verbundenheit allen Seins, das Mißachten des Allgemeinwohls. Das Unterstützen von „Teil"-Interessen aufkosten des Gesamtinteresses des Lebens ist ein entscheidender Fehler, der die Tyrannei der Macht oder Mehrheit weiterhin stärkt und eine lebensgefährliche Bedrohung für uns alle darstellt. Der Einsatz von Waffen zur Entscheidungsfindung in Streitfragen hat mit Zukunftssicherung nichts gemein. Krieg und Terror sind Ausdruck eines süchtig-krankhaften Festhaltens an einer vernichtenden und völlig verkommenen Lebensweise. Sie schaffen noch mehr Unsicherheit - nie Frieden.

Hier sehe ich weltweit die Kritiker einer konzerngesteuerten Globalisierung, die Anti-WTO-Aktivisten, attac, ai, Greenpeace, weed, zivile Friedenskräfte - um nur einige Gruppierungen einer sich von unten her organisierenden partizipatorischen Gesellschaft zu nennen - auf alternativen und ergänzenden Wegen hin zu basisorientierter Demokratie oder auch anderen Formen und Facetten eines gewaltfreien gesellschaftlichen Zusammenlebens.

„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!" war das Motto einer Revolution in Europa.

Heute kann dieses Motto mit der Erweiterung: „Toleranz, Gerechtigkeit und sozial-ökologische Verträglichkeit" eine weltweite Bewegung der Solidarität koordinieren, um dem einseitig wirtschaftlich ausgerichteten Globalisierungstreiben eine Gegenkraft entgegen zu setzen. Das neoliberale Dogma der Konkurrenz aller Lebensbereiche zum Vorteil des Kapitals führt direkt in den allgemeinen Untergang.

Erst ein schonungsloses intellektuelles und emotionales Bewerten des herrschenden Systems der heilig gesprochenen Gier und Lüge und der Glorifizierung der Destruktion und des Todes, das uns immer von Neuem in eine wachsende Misere führen würde, hat ein Bewusstwerden unserer wahren Verhältnisse zur Folge. Und allein das kann Engagement und Kräfte für Veränderung zum Besseren auf allen Ebenen gesellschaftlichen Wirkens freisetzen, auch in den Herzen und Köpfen von Politikern und Konzernvorständen. Die Empfindung der Dringlichkeit und schieren Größe der globalen Notlage stellt alle Menschen, ohne jede Ausnahme automatisch vor einen moralischen Imperativ, der dazu auffordert und legitimiert, widersprechende Gesetze und Sitten zu brechen. Wenn alle, die sich ähnlich betroffen fühlen und daher ähnlich motiviert sind, in geeinter und gleichsinniger Anstrengung Veränderung bewirken wollen - wie beispielsweise das praktische Umsetzen des Verursacherprinzips -, kann daraus, wenn dies gleichzeitig überall auf dem Globus geschieht, eine simultane Politik (SP) entstehen, mit deren Hilfe Entscheidungen von sozial-ökologischer Relevanz überall auf der Welt gleichzeitig getroffen werden. Dadurch werden synergistisch zwei entscheidende Fehler des derzeitigen Politsystems überwunden: die vernichtende Konkurrenz und das Bevorzugen einzelner auf Kosten der Allgemeinheit und der Umwelt. Keine Nation, kein Konzern, kein Volk und kein einzelner Mensch muß dabei ins Hintertreffen geraten.

Simultane Politik ist ein Quantensprung hinsichtlich der Qualität eines gesellschaftlichen Handelns, das sich an globaler Verantwortung orientiert. Probleme könnten tatsächlich gelöst werden, der Hunger von der Erde vertrieben werden und mit ihm alle destruktiven Aspekte des gegenwärtig herrschenden Gesellschaftssystems. Eine Konzentration auf solidarische Werte in globaler Perspektive wird das Immunsystem der Menschheit unterstützen. Das Lebenspotential wird wieder gestärkt, indem den reaktionären, patriarchalen Mächten der Entfremdung und Ausbeutung - seien sie durch TNK (Transnationale Konzerne), Despoten oder ideologisch-religiöse Fehlvorstellungen in ihren vielfältigsten Ausprägungen verkörpert - jegliche Unterstützung entzogen wird. Mithilfe der frei werdenden Mittel können wir weltweit die menschgemachten Bedrohungen der Gesundheit unseres Planeten und seiner Bewohner abzubauen beginnen. Mentale Programme, welche die natürlichen Abhängigkeiten des Menschen akzeptieren, gewinnen neue, kreative Möglichkeiten und gehen von der selbstverständlichen Durchführbarkeit einer sozial-ökologischen Alternative aus - denn sie ist unser aller einzige Chance auf eine offene Zukunft.

Wir beginnen, aktiv am Erhalt der Integrität des Lebens zu arbeiten. Bei aller Fehlerfähigkeit des Menschen reift das natürliche Leitsystem der Empfindung von Schmerz und Freude - befreit von emotionaler Entfremdung und dogmatischer Verblendung - zu einem mentalen Immunsystem heran. Ausdruck und Merkmal eines funktionsfähigen mentalen Immunsystems sind Empfindungen und Intuitionen, die uns davor schützen, aus menschlichen Fehlern unmenschliche Systeme zu machen.

-- > Paul Hawken: Blessed Unrest

Simultane Politik ISPO: http://www.simpol.org/dossiers/dossier-Al/html-Al/interface-Al.html oder kurz: http://emanzipationhumanum.de/downloads/simpol.pdf

siehe auch: Was können wir wirklich wissen? Naturwissenschaftliche Erkenntnis und Erfahrung von Wirklichkeit, Hans Peter Dürr

weitere Beiträge: http://emanzipationhumanum.de/deutsch/titel.html#1 und: http://mensch-sein.de

( englisch ) (spanisch )

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Emanzipation Humanum, Version 12. 2003 , Kritik, Anregungen zu Form und Inhalt, Dialog sowie unveränderter Nachdruck bei Quellenangabe und Belegexemplar erwünscht. Übersetzung in andere Sprachen erwünscht. Kürzungen und Änderungen nach Absprache möglich.

http://emanzipationhumanum.de/deutsch/vision7.html

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